Zufallsgrösse

Wenn wir die Summe der Augenzahlen von zwei Würfeln bilden, entsteht für jeden Wurf eine Zahl von 2 bis 12. Diese Zahlen können auf unterschiedlichste Art entstehen, z.B. kann die Summe 4 entstehen durch 1+3, durch 2+2 oder auch durch 3+1, wenn die Reihenfolge berücksichtigt wird. Wenn wir uns an die Definition einer Funktion erinnern, so haben wir auch hier eine Zuordnung zu einer Zahl, nämlich der Summe der Augenzahlen:

Die Zufallsgrösse \(X\) ist eine Funktion, die einem Ergebnis aus dem Ergebnisraum \(\Omega\) eine reelle Zahl \(x\) zuordnet.

\[ X \colon \;\; \omega \mapsto x \qquad \qquad x = X(\omega) \]

Beachte, dass \(x\) der Funktionswert ist und \(X\) die Funktion selber.

Wahrscheinlichkeitsverteilung

Wenn wir jetzt jedem Ergebnis seine Wahrscheinlichkeit zuordnen, erhalten wir im Fall des obigen Würfelexperiments mit den beiden Würfeln die folgende Tabelle:

Tupel\(x\)\(P(X=x)\)
\((1,1)\)\(2\)\(\frac{1}{36}\)  
\((1,2),\; (2,1)\) \(3\)\(2 \cdot \frac{1}{36}\)  
\((1,3),\; (3,1),\; (2,2)\)\(4\)\(3 \cdot \frac{1}{36}\)  
\((1,4),\; (4,1),\; (2,3),\; (3,2)\)\(5\)\(4 \cdot \frac{1}{36}\)  
\((1,5),\; (5,1),\; (2,4),\; (4,2),\; (3,3)\)\(6\)\(5 \cdot \frac{1}{36}\)  
\((1,6),\; (6,1),\; (2,5),\; (5,2),\; (3,4),\; (4,3)\)\(7\)\(6 \cdot \frac{1}{36}\)  
\((2,6),\; (6,2),\; (3,5),\; (5,3),\; (4,4)\)\(8\)\(5 \cdot \frac{1}{36}\)  
\((3,6),\; (6,3),\; (4,5),\; (5,4)\)\(9\)\(4 \cdot \frac{1}{36}\)  
\((4,6),\; (6,4),\; (5,5)\)\(10\)\(3 \cdot \frac{1}{36}\)  
\((5,6),\; (6,5)\)\(11\)\(2 \cdot \frac{1}{36}\)  
\((6,6)\)\(12\)\(\frac{1}{36}\)  

Beachte, dass wir hier die 2-Tupel aufgelistet haben. Davon gibt es 36, da der erste Würfel 6 mögliche Zahlen zeigen kann und der Zweite auch deren 6. Die 36 möglichen 2-Tupel haben alle die gleiche Wahrscheinlichkeit, da es sich um ein Laplace-Experiment handelt:

\[ P(\omega_i,\omega_j) = \frac{1}{36} \]

In der Tabelle wird dann ersichtlich, dass gewisse Summen häufiger vorkommen, weil es mehrere gleich wahrscheinliche 2-Tupel gibt, die zum gleichen Resultat führen. Wir erhalten so das folgende Histogramm:

Wir erkennen an dieser Wahrscheinlichkeitsverteilung, dass die Würfelsumme 7 die wahrscheinlichste aller Summen ist. Die Würfelsummen 2 und 12 sind hingegen die seltensten. Beachte auch, dass die Summe aller Wahrscheinlichkeiten genau 1 entspricht:

\[ \frac{1}{36} + \frac{2}{36} + \frac{3}{36} + \frac{4}{36} + \frac{5}{36} + \frac{6}{36} + \frac{5}{36} + \frac{4}{36} + \frac{3}{36} + \frac{2}{36} + \frac{1}{36} = \frac{36}{36} = 1 \]

Das muss so sein, denn die Wahrscheinlichkeitsverteilung enthält alle möglichen Fälle und die haben in Summe die Wahrscheinlichkeit 1 bzw. 100%. Sie zeigt uns vor allem aber, wie diese Fälle verteilt sind, eben sehr stark in der Mitte konzentriert und eher selten an den Rändern.

Verteilungsfunktion

Nebst der Wahrscheinlichkeitsverteilung, die zeigt, wie die Wahrscheinlichkeit über die Achse der Funktionswerte \(x\) verteilt ist, gibt es noch die sog. kumulative oder kumulierte Verteilungsfunktion, die eigentlich der Stammfunktion von \(P(x)\) entspricht, d.h. der integrierten Wahrscheinlichkeitsverteilung.

Wir nehmen die Wahrscheinlichkeitsverteilung von unserem Würfelexperiment und kumulieren die Wahrscheinlichkeitswerte, d.h. wir bilden eine laufende Summe, wie eine Reihe, die die Werte der Folge aufsummiert:

\[\begin{array}{rcl} F(2) & = & P(2) \\ F(3) & = & P(2) + P(3) \\ F(4) & = & P(2) + P(3) + P(4) \\  & … & \end{array}\]

Wir nehmen unsere Tabelle und berechnen diese laufende Summe in der Spalte ganz rechts:

\(x\)\(P(X=x)\)\(F(x)\) 
\(2\)\(\frac{1}{36}\) \(\frac{1}{36}\)
\(3\)\(\frac{2}{36}\)\(\frac{3}{36}\)
\(4\)\(\frac{3}{36}\)\(\frac{6}{36}\)
\(5\)\(\frac{4}{36}\)\(\frac{10}{36}\)
\(6\)\(\frac{5}{36}\)\(\frac{15}{36}\)
\(7\)\(\frac{6}{36}\)\(\frac{21}{36}\)
\(8\)\(\frac{5}{36}\)\(\frac{26}{36}\)
\(9\)\(\frac{4}{36}\)\(\frac{30}{36} = \frac{5}{6}\)
\(10\)\(\frac{3}{36}\)\(\frac{33}{36}\)
\(11\)\(\frac{2}{36}\)\(\frac{35}{36}\)
\(12\)\(\frac{1}{36}\)\(\frac{36}{36} = 1\)

Graphisch sieht die Sache dann so aus:

Die kumulierte Verteilungsfunktion \(F(x)\) nimmt monoton zu, weil ihr immer etwas dazu addiert wird. Das tut sie, bis sie den Wert 1 erreicht hat, nachdem sämtliche Säulen aus der Wahrscheinlichkeitsverteilung aufaddiert worden sind. Wir wissen ja, dass diese in Summe immer 1 ergeben, da sie alle möglichen Fälle beinhalten.

Wir können uns ein Beispiel herauspicken: Die Verteilungsfunktion \(F(x)\) für \(x=9\) hat den Funktionswert \(\frac{5}{6}\), wie wir das in der Tabelle bestätigen können. Was ist ihre Bedeutung? Da sie sämtliche Wahrscheinlichkeiten für \(x \leq 9\) beinhaltet, ist sie die Wahrscheinlichkeit, dass die Augensumme 9 oder weniger beträgt:

\[ F(9) \;=\; P(X \leq 9) \]

Den nächsten Wert erhalten wir durch \(F(10) = F(9) + P(X=10)\), woraus folgt:

\[ F(10) – F(9) \;=\; P(X=10) \]

Für eine grössere Differenz erhalten wir zum Beispiel:

\[ F(12) – F(9) \;=\; P(10) + P(11) + P(12) \;=\; P(9 < X \leq 12) \]

Hier liegt der grosse Nutzen der Verteilungsfunktion \(F(x)\). Differenzen dieser Funktion geben uns die Wahrscheinlichkeit im betrachteten Intervall zu liegen, wie hier die Wahrscheinlichkeit eine Augensumme zu haben, die im Intervall \(]9,12]\) liegt:

\[ P(9 < X \leq 12) \;=\; F(12) – F(9) \;=\; 1 – \frac{5}{6} = \frac{1}{6} \]

Die (kumulierte) Verteilungsfunktion \(F(x)\) entspricht der laufenden Summe der Werte von \(P(X=x)\) und damit eigentlich ihrer Stammfunktion.

\[ P(X \leq a) \;=\; F(a) \]

\[ P(a < X \leq b) \;=\; F(b) – F(a) \]

Aufgabensammlung

  • Statistik und Binomialverteilung (5057) – Aufg. 1

    3 Teilaufgaben (pdf/Video-Lösung):
    Wahrscheinlichkeitsverteilung und Verteilungsfunktion

Autor dieses Artikels:

David John Brunner

Lehrer für Physik und Mathematik | Mehr erfahren

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