Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik (Entropie als Mass der Unordnung)
Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik (Entropie als Mass der Unordnung)
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Reversible und irreversible Prozesse

Temperaturausgleich als irreversibler Prozess (Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik)
Temperaturausgleich als irreversibler Prozess (Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik)

Wenn wir ein heisses Stück Eisen in kaltes Wasser eintauchen, dann wird sich das Stück Eisen abkühlen und das Wasser ganz leicht erwärmen. Was dabei passiert ist ein Transfer von Wärme \(Q\) vom Eisen an das Wasser. Genauso würde ein stark gekühltes Stück Eisen in warmem Wasser Wärme aufnehmen von ihm aufnehmen und es dabei leicht abkühlen. Der Transfer von Wärme geschieht immer vom System höherer Temperatur hin zum System tieferer Temperatur. Wir verstehen das aufgrund des Teilchenmodells, mit welchem wir uns vorstellen können, wie schnelle Teilchen die langsamen Teilchen anstösst und dabei selber abgebremst werden.

Sobald alle Teilchen in etwa die gleiche Geschwindigkeit haben, sind beide Systeme im thermodynamischen Gleichgewicht und haben deshalb die gleiche Temperatur. Dieser Gleichgewichtszustand würde in einem isolierten System beibehalten werden. Was wir nie beobachten würden, ist der umgekehrte Vorgang, dass nämlich das Wasser sich plötzlich wieder abkühlt und das Stück Eisen erwärmt. Warum eigentlich nicht? Solange wir dem Wasser gleich viel Energie entnehmen, wie wir dem Stück Eisen zuführen, haben wir den Ersten Hauptsatz der Thermodynamik (Energieerhaltung) erfüllt. Das Problem liegt aber nicht bei der Energie, sondern bei der Ordnung.

Irreversibler Prozess führt zu mehr Unordnung und zu mehr Entropie (Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik)
Irreversibler Prozess führt zu mehr Unordnung und zu mehr Entropie (Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik)

Wenn wir auf einem Tisch viele kleine Würfel schön geordnet aufstellen, haben wir logischerweise eine gewisse Ordnung. Wenn wir aber etwas den Tisch etwas unsanft anstossen, wird unsere Ordnung zerstört. Wir haben jetzt Unordnung. Können wir nicht einfach den Tisch von der anderen Seite zurückstossen und es bildet sich wieder die ursprüngliche Ordnung? Natürlich nicht. Warum aber nicht? Weil die Zerstörung der Ordnung ein irreversibler Prozess ist, der nicht rückgängig gemacht werden kann. In gleicher Art können wir Milchschaum über den schwarzen Kaffee giessen. Nach einer gewissen Zeit haben sich Milch und Kaffee vermischt und sie werden sich nicht spontan wieder entmischen, weil die Teilchen zufällige Bewegungen machen und es einfach sehr unwahrscheinlich ist, dass alle Miclh-Teilchen zufällig wieder nach oben und die Kaffee-Teilchen zufällig wieder nach unten wandern. Die Vermischung von Kaffee und Milch ist deshalb auch ein irreversibler Prozess bei welchem Ordnung zerstört worden ist.

Irreversibler Prozess beim Mischen, Bildung von Entropie (Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik)
Irreversibler Prozess beim Mischen, Bildung von Entropie (Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik)

Entropie

Die Entropie ist eine theoretische Grösse, die von Rudolf Clausius (1822 – 1888) eingeführt wurde. Clausius war ein deutscher Physiker und einer der ersten Professoren an der ETH Zürich. Er gilt als Entdecker des Zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik.

Mit der Entropie haben wir auch eine Zustandsgrösse, wie der Druck oder die Temperatur. Sie lässt sich auch berechnen. Für uns wichtiger ist aber der Umstand, dass sie gewissermassen ein Mass der Unordnung ist. Je mehr Ordnung wir haben, desto kleiner ist die Entropie bzw. je mehr Unordnung herrscht, desto grösser ist die Entropie. Bei den eben besprochenen Beispielen von irreversiblen Prozessen sind wir von einem Zustand grösserer Ordnung zu einem Zustand grösserer Unordnung gegangen. Aus Sicht der Entropie ging der Prozess von wenig Entropie hin zu mehr Entropie. Mit dem Zweiten Hauptsatz hielt Clausius fest, dass die Entropie eine Grösse ist, die zunehmen kann, aber niemals spontan abnehmen wird.

Die Entropie ist eine Zustandsgrösse und ein Mass der Unordnung eines Systems. Je grösser die Unordnung, desto wahrscheinlicher ist der Zustand und desto grösser ist die Entropie.

Die Entropie ist keine Erhaltungsgrösse, sondern sie kann erzeugt werden.

Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik: Einmal erzeugte Entropie kann nur weggeführt, jedoch nicht vernichtet werden. Die Entropie ist eine Grösse, die nur zunehmen kann.

Unmögliche Maschinen, die zwar den Ersten Hauptsatz erfüllen, jedoch den Zweiten Hauptsatz verletzen, nennt man Perpetuum Mobile zweiter Art. Wegen der grösseren Schwierigkeit des Zweiten Hauptsatzes ist auch die Unmöglichkeit eines solchen Perpetuum Mobiles schwieriger zu erkennen. Meistens liegt diesen Maschinen eine irrende Annahme zu Grunde, die letztendlich der Vernichtung von Entropie gleichkommt.

Angenommen wir würden einen Film anschauen, auf welchem wir den aktuellen Stand der Entropie sehen könnten. Der Zähler würde immerzu zunehmen, oder? Können wir auch feststellen, ob der Film rückwärts läuft? Natürlich! Sobald wir sehen, dass die Entropie abnimmt (und wir ausschliessen können, dass sie irgendwohin weggeführt worden ist), wissen wir, dass der Film rückwärts geht. Genauso erkennen wir sofort, wenn eine Tasse zu Bruch geht, dass das die normale Laufrichtung des Films ist. Wenn die Bruchstücke sich wieder zu einer Tasse zusammenfinden, dann wissen wir auch sofort, dass das ein rückwärts laufender Film ist. Woraus ist hinaus will, ist, dass die Entropie und der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik der Zeit eine Richtung gibt!

Es gibt Prozesse, die irrversibel sind und da erkennen wir sofort, wenn der rückwärts laufende Film uns etwas untypisches zeigt. Bei reversiblen Prozessen ist das nicht so. Wir können den Verlauf eines Lichtstrahls bestimmen, z.B. wie er im Spiegel reflektiert wird. Genauso könnte der Lichtstrahl aber auch rückwärts gegangen sein. Die Zeitumkehr funktioniert und aus einem physikalisch korrekten Prozess wird ein physikalisch ebenfalls korrekter umgekehrter Prozess. Gleiches gilt in der Mechanik, z.B. beim Zusammenstoss von zwei Billardkugeln. Sobald aber die Entropie eine Rolle spielt, können wir die Zeitumkehr nicht mehr benutzen.

Dann gibt es noch eine weitere Überlegung: Wenn die Entropie nur zunehmen kann, dann war sie irgendwann einmal null, d.h. einmal war das ganze Universum im Zustand der höchsten Ordnung. Seitdem bewegen wir uns immer mehr hin zu einem Zustand grösserer Unordnung. Mit dieser relativ einfachen Überlegung kommen wir zum Schluss, dass die Zeit unendlich sein kann, sondern dass es einen Anfang gegeben haben muss. Im heutigen Wissen gilt der Urknall als gesichert.

Exergie und Anergie

Wenn wir unser Wissen über reversible und irreversible Prozesse auf die Wärmekraftmaschine anwenden, werden wir sehen, dass sie ein irreversibler Prozess darstellt. Schauen wir uns aber zuerst reversible Maschinen an: Ein Elektromotor wandelt elektrische Arbeit in mechanische Arbeit um. Ein solcher Prozess ist reversibel. Klar entstehen in realen Maschinen immer kleine Verluste z.B. durch Reibung. Der grösste Teil der Energie wieder aber einfach in eine andere Form umgewandelt.

Reversibler Prozess zwischen elektrischer und mechanischer Arbeit (Zweiter-Hauptsatz-der-Thermodynamik)
Reversibler Prozess zwischen elektrischer und mechanischer Arbeit (Zweiter-Hauptsatz-der-Thermodynamik): Abgesehen von den kleinen Wärmeverlusten ist der Prozess reversibel und könnte beliebig oft hin und her gehen

Wir können dann die mechanische Arbeit nehmen und sie in einem Generator wieder zu elektrischer Arbeit zurückverwandeln. Damit ist, bis auf kleinere Verluste, der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt, was die Reversibilität gewissermassen beweist.

Schauen wir uns jetzt die Wärmekraftmaschine an. Sie wandelt Wärme in Arbeit und Wärme um. Wie viel Arbeit sie maximal gewinnen kann, ist mit dem Carnot-Wirkungsgrad \(\eta_C\) festgelegt. Angenommen, wir hätten Wärme bei \(T_H=429\;\mathrm{K}\) zur Verfügung und würden die Abwärme bei \(T_K=300\;\mathrm{K}\) an die Umgebung abgeben. Der Carnot-Wirkungsgrad beträgt demnach:

\[ \eta_C = 1 – \frac{300\;\mathrm{K}}{429\;\mathrm{K}} = 1 – 0.7 = 0.3 \]

Wir können im besten Fall 30% der aufgenommenen Wärme in Form von Arbeit umwandeln. Der Rest (70%) muss als Abwärme an die Umwelt abgegeben werden.

Carnot-Wirkungsgrad bei der Wärmekraftmaschine (Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik)
Carnot-Wirkungsgrad bei der Wärmekraftmaschine (Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik): Der Exergie-Anteil der Wärme kann im idealen Fall zu mechanischer Arbeit umgewandelt werden.

Wenn wir also mit 100% mechanischer Arbeit starten würden, können wir sie zu 100% Wärme umwandeln. Dann gäbe es aber keinen Weg zurück zu den 100% mechanische Arbeit, denn wir könnten allerhöchstens 30% wiederherstellen. Die restlichen 70% sind und bleiben Wärme – für immer!

Aus diesem Grund wird die Wärme auch als eine “weniger edle” Form von Energie angesehen, weil ein Teil der Wärme nicht mehr umwandelbar ist. Dieser Teil wird auch Anergie genannt, während der “edle” Teil Exergie genannt wird. Wärme enthält Exergie und Anergie und die Zusammensetzung ist durch den Carnot-Wirkungsgrad geben, d.h. durch die Temperaturen bei welchen die Wärme zur Verfügung steht bzw. “entsorgt” werden kann. Die edlen Formen von Energie, wie die elektrische und die mechanische Arbeit, bestehen zu 100% aus Exergie und können deshalb zu 100% reversibel umgewandelt werden.

Exergie ist der “edle Teil” der Energie, der unlimitiert in andere Energieformen umgewandelt werden kann. Exergie ist nutzbare Energie.

Unter der Anergie verstehen wir den “unedlen Teil” der Wärme, der nicht mehr in andere Formen umgewandelt werden kann. Anergie ist nutzlose Wärme.

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Autor dieses Artikels:

David John Brunner

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