Das Wichtigste in Kürze

Der Maxwellsche Dämon ist ein Gedankenexperiment von James Clerk Maxwell (1831-1879). Es stellt die Frage, inwiefern ein fiktiver kleiner Dämon mit Information über die Teilchen, einen künstlichen (unwahrscheinlicheren) Zustand erzeugen könnte, dem eine kleinere Entropie zugeschrieben wird.

Ohne direkt Einfluss auf die Teilchen auszuüben, entzieht der Dämon aufgrund von Information über die Teilchen, dem Gasgemisch Entropie, indem er eine Trennwand selektiv öffnet und schliesst, bis beide Stoffe wieder getrennt sind.

Dieser Vorgang ist klar im Widerspruch zum Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik. Halten wir am Hauptsatz fest, muss daraus folgen, dass Information (wie auch die Wärme) mit Entropie gekoppelt ist. Durch die Aufnahme von Information über die Teilchen, nimmt der Dämon Entropie vom Gemisch auf.

    Im Jahre 1871 veröffentlichte der schottische Physiker James Clerk Maxwell (1831-1879) sein Gedankenexperiment in welchem er den Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik in Frage stellen wollte. Er hatte nicht vor, den Hauptsatz komplett zu widerlegen. Vielmehr wollte er auf eine noch offene Frage hinweisen.

    Mit Hilfe seines Gedankenexperiments zeigte er, dass es einen Zusammenhang zwischen Information und Energie geben muss, ähnlich wie Einsteins Massenäquivalenz \(E=mc^2\), die den Zusammenhang von Masse und Energie erklärt. Maxwells Dämon ist bis heute ein inspirierendes Gedankenexperiment für die theoretische Physik.

    Sein Gedankenexperiment ging wie folgt: Ein Behälter enthält zwei Gase mit unterschiedlicher Temperatur. Links ist ein heisses Gas eingefüllt, rechts ein kühles Gas.

    Die beiden Behälterhälften sind durch eine Trennwand getrennt. Grundsätzlich könnte eine Wärmekraftmaschine (WKM) angetrieben werden, denn wir haben zwei Wärmereservoirs bei unterschiedlichen Temperaturen. Das tun wir aber nicht, sondern lassen eine Öffnung zwischen den beiden Kammern zu, so dass Gasteilchen von nun an auf die andere Seite fliegen können.

    Wir erwarten, dass nach einer gewissen Zeit beide Gase in den Kammern gleichmässig verteilt sind. Auch sollte die Temperatur in beiden Hälften gleich sein (thermodynamisches Gleichgewicht).

    Maxwell'scher Dämon: Minimale Entropie weil entmischt
    Maxwell’scher Dämon: Minimale Entropie weil entmischt
    Dämon: © by Yangchen Brunner

    Vor dem Öffnen der Trennwand waren die beiden Gase klar getrennt. Das ist ein gewissermassen künstlicher Zustand, der sich nur mit extrem kleiner Wahrscheinlichkeit von selbst einstellen würde.

    Bei der geringen Anzahl Teilchen, die wir in der Grafik haben, wäre die Wahrscheinlichkeit noch zu berechnen. Allerdings reden wir bei Gasen immer schnell einmal von der Grössenordnung \(10^{23}\). Da ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die beiden Gase zufällig entmischen, ist null!

    Im Jahr 1854 führte Rudolf Clausius eine physikalische Grösse ein, die mit der Wahrscheinlichkeit verknüpft sein sollte: die Entropie. Oft wird sie “Grad der Unordnung” genannt. Viel Ordnung bedeutet, wenig Unordnung, wenig Wahrscheinlichkeit, wenig Entropie.

    Durch den Ausgleich und die Vermischung der beiden Gase haben wir einen viel wahrscheinlicheren Vermischungszustand. Die Entropie hat deshalb auch zugenommen.

    Beachte auch, dass nach der Vermischung wir auf beiden Seiten die gleiche Temperatur haben, d.h. wir könnten dann keine Wärmekraftmaschine mehr antreiben!

    Maxwell'scher Dämon: Entstehung von Entropie durch Mischung
    Maxwell’scher Dämon: Entstehung von Entropie durch Mischung
    Dämon: © by Yangchen Brunner

    Jetzt kommt der Dämon ins Spiel.

    Er schaut sich die Teilchen an, wie sie herumfliegen und macht ab jetzt die Trennwand nur auf, wenn ein rotes Teilchen wieder nach links fliegt oder wenn ein blaues Teilchen wieder nach rechts fliegt. In den anderen Fällen lässt er die Trennwand geschlossen.

    Der Dämon greift nicht in die Bewegung der Teilchen ein, sondern entscheidet nur, ob die Trennwand offen oder geschlossen sein soll und er tut das aufgrund der Eigenschaft des Teilchens (rot oder blau).

    Was ist die Konsequenz? Nach einer gewissen Zeit würde der Dämon das Gasgemisch wieder entmischt haben, d.h. die roten Teilchen wären wieder links und die blauen Teilchen wären wieder rechts. Der Dämon hätte wieder aufgeräumt oder eben, er hätte wieder mehr Ordnung geschaffen, was einer Reduktion der Entropie entspricht. Jetzt könnte auch wieder eine WKM angetrieben werden!

    “Information ist mit Entropie gekoppelt!”

    Ist das ein Widerspruch zum Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik? Eigentlich schon, denn mit der spontanen Vermischung ist ja Entropie entstanden. Wenn der Dämon diese Vermischung wieder rückgängig macht, macht er ja einen irreversiblen Prozess rückgängig. Das geht aber nicht und die Entropie kann nicht einfach wieder vernichtet werden (gemäss Zweitem Hauptsatz der Thermodynamik).

    Wir können den Zweiten Hauptsatz noch retten mit der Vermutung, dass die entstandene Entropie aus dem System auf den Dämon übergegangen ist. Sie kann ja nicht mehr vernichtet werden (Zweiter Hauptsatz), aber in unserem Gassystem darf sie auch nicht mehr sein.

    Wir erhalten so das ursprüngliche Gassystem mit dem unwahrscheinlichen, entmischten Zustand bei minimaler Entropie.

    Maxwell'scher Dämon: Aufnahme von Entropie durch Information
    Maxwell’scher Dämon: Aufnahme von Entropie durch Information
    Dämon: © by Yangchen Brunner

    Eine Wärmekraftmaschine nimmt mit der Wärme auch Entropie auf. Diese muss sie wieder loswerden, damit sich die Entropie nicht akkumuliert. Auch deshalb ist eine Wärmekraftmaschine darauf angewiesen, Wärme abzugeben (Abwärme), um die aufgenommene Entropie wieder los zu werden.

    In unserem Gedankenexperiment hat der Dämon ebenfalls Entropie aufgenommen. Damit er wieder so sein kann, wie am Anfang, müsste er Entropie abgeben können, d.h. er müsste eine Möglichkeit haben, Wärme abzugeben.

    Das ist das erstaunliche Resultat aus diesem Gedankenexperiment: Die Information über die Eigenschaft der Teilchen hat dem Dämon die Möglichkeit gegeben, die Trennwand ein- und auszuschalten. Er hat dadurch dem System aber Entropie entzogen, d.h. Information und Entropie sind gekoppelt!

    Wer Information aufnimmt, braucht dazu Energie, die dann wieder als Abwärme (zusammen mit ihrer Entropie) abgeführt werden muss. Nur so kann der Vorgang beliebig wiederholt werden.

    Weitere Links

    Maxwellscher Dämon (Wikipedia)

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    Autor dieses Artikels:

    David John Brunner

    Lehrer für Physik und Mathematik | Mehr erfahren

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