Mit den Ereignismengen lässt es sich rechnen! Die dazugehörige Algebra schauen wir uns hier an. Zum Anfang ein paar einfache Grundsätze, die aber nicht besonders nützlich sind. Schneiden wir die Ergebnismenge \(A\) mit sich selbst, kriegen wir natürlich nichts Neues, denn \(A\) geschnitten mit \(A\) ist natürlich einfach \(A\). Das Gleiche gilt auch für die Vereinigung einer Menge mit sich selbst:

\[ A \cap A = A \qquad \qquad A \cup A = A \]

Wir können ein Ereignis auch mit einer leeren Menge schneiden bzw. vereinigen. Die Schnittmenge ist natürlich auch leer, denn sie enthält die gemeinsamen Elemente und da die leere Menge keine Elemente hat, ist auch die Schnittmenge leer. Die Vereinigung von \(A\) mit nichts ergibt natürlich wieder nichts. Die leere Menge spielt ein bisschen die Rolle einer Null. Das Schneiden erinnert uns an die Multiplikation und das Vereinen an die Addition:

\[ A \cap \{ \; \} = \{ \; \} \qquad \qquad A \cup \{ \; \} = A \]

Ein bisschen sinnvoller als nur reine Spielerei sind die Operationen von \(A\) mit seinem Gegenereignis \(\overline{A}\). Die Schnittmenge von \(A\) mit \(\overline{A}\) __muss__ leer sein, denn beide schliessen sich ja gegenseitig aus. Genauso können wir auch nachvollziehen, dass deren Vereinigung \(\Omega\) ergibt, denn so ist das Gegenereignis definiert: “Alle möglichen Ergebnisse ohne diejenigen von Ereignis \(A\)”.

\[ A \cap \overline{A} = \{ \; \} \qquad \qquad A \cup \overline{A} = \Omega \]

Wie in unserer Algebra gibt es auch in der Ereignisalgebra ein paar Gesetze, die wir schon gut kennen. Das Schneiden und Vereinigen von Mengen kann beispielsweise vertauscht werden. Wie bei der Addition oder Multiplikation spielt die Reihenfolge keine Rolle.

Kommutativgesetz

\[ A \cap B \;\;=\;\; B \cap A \]

\[ A \cup B \;\;=\;\; B \cup A \]

Assoziativgesetz

\[ (A \cap B) \cap C \;\;=\;\; A \cap (B \cap C) \;\;=\;\; A \cap B \cap C \]

\[ (A \cup B) \cup C \;\;=\;\; A \cup (B \cup C) \;\;=\;\; A \cup B \cup C \]

Distributivgesetz

\[ A \cap (B \cup C) \;\;=\;\; (A \cap B)\;\cup\;(A \cap C) \]

\[ A \cup (B \cap C) \;\;=\;\; (A \cup B)\;\cap\;(A \cup C) \]

Als Beispiel können wir das erste Distributivgesetz graphisch mit Venn-Diagrammen darstellen. Die erste Zeile entspricht der linken Seite der Gleichung. Die Ereignismenge \(A\) wird mit der Vereinigung von \(B\) und \(C\) geschnitten. Die zweite Zeile ist die rechte Seite der Gleichung. Da schneiden wir zuerst \(A\) mit \(B\) und dann nochmals analog \(A\) mit \(C\). Schliesslich vereinigen wir die beiden Schnittmengen. Wir erhalten tatsächlich in beiden Fällen die gleiche Menge, so dass die Gleichung erfüllt ist.

Genau wie die uns schon bekannte Algebra hat auch die Ereignisalgebra den Sinn und Zweck, Aufgabenstellungen in einer klaren mathematischen Form auszudrücken. Wir brauchen deshalb die Übersetzung von der unserer Sprache in die mathematische Sprache bzw. umgekehrt.

Beispiel

Wir nehmen das bekannte Beispiel mit dem Würfelexperiment mit zwei Würfeln auf und betrachten wieder die folgenden Ereignisse:

  • Ereignis \(A\) = Die Würfelsumme ist kleiner als 5
  • Ereignis \(B\) = Beide Augenzahlen sind gerade
  • Ereignis \(C\) = Die Würfelsumme ist eine Dreierzahl

Gesucht ist die folgende Ereignismenge:

Die Würfelsumme muss kleiner als 5 sein und mindestens einer der beiden Fälle trifft ein: (1) beide Augenzahlen sind gerade oder (2) die Würfelsumme ist eine Dreierzahl.

Übersetze die beschriebene Ereignismenge auf mathematische Weise mit den Mengen \(A\), \(B\) und \(C\) und forme sie mathematisch mit Ereignisalgebra um und löse sie dann auf.


Im ersten Teilsatz haben wir die Formulierung für die Ereignismenge \(A\). Zusätzlich muss mindestens die Bedingung (1) oder (2) erfüllt sein. Die Bedingung (1) entspricht dem Ereignis \(B\) und die Bedingung (2) dem Ereignis \(C\). Damit haben wir eine erste Vereinfachung der Aufgabe:

“\)A\) muss erfüllt sein. Zusätzlich müssen \(B\) oder \(C\) (oder beide gleichzeitig) erfüllt sein.”

Mathematisch schreibt sich das wie folgt:

\[ A \cap (B \cup C) \]

Weil es nicht darauf ankommt, ob \(B\) oder \(C\) oder gar beide gleichzeitig erfüllt sind, verlangen wir, dass die Vereinigung von \(B\) und \(C\) erfüllt werden. Gleichzeitig muss \(A\) auf jeden Fall erfüllt sein, d.h. wir verlangen die Schnittmenge von \(A\) mit der Vereinigung von \(B\) und \(C\).

Mit dem ersten Distributivgesetz folgt:

\[ A \cap (B \cup C) \;\;=\;\; (A \cap B)\;\cup\;(A \cap C) \]

Die rechte Seite der Gleichung können wir folgendermassen formulieren:

“\)A\) und \(B\) müssen erfüllt sein…oder…\)A\) und \(C\)”

Mit der Bedeutung der Ereignismengen \(A\), \(B\) und \(C\) erhalten wir:

Die Würfelsumme ist kleiner 5 und beide Augenzahlen sind gerade…oder…die Würfelsumme ist kleiner 5 und eine Dreierzahl zugleich.

Der erste Teilsatz ist nur für das Elementarereignis \(\{2,2\}\) möglich, da alle anderen Pärchen von geraden Zahlen eine Summe haben, die grösser 5 ist. Der zweite Teilsatz ist ebenfalls einfach zu beantworten: Es gibt nur eine Dreierzahl, die kleiner 5 ist und das ist 3. Wie kommen wir auf die Würfelsumme 3? Dazu gibt es nur eine Würfelkombination, wenn die Reihenfolge keine Rolle spielt, es ist die \(\{1,2\}\). Damit sind \(\{2,2\}\) oder \(\{1,2\}\) möglich:

\[ A \cap (B \cup C) \;\;=\;\;(A \cap B)\;\cup\;(A \cap C) \;\;=\;\; \underline{\Big\{ \{ 2,2 \}, \{ 1,2 \} \Big\}} \]

In unserer Sprache bedeutet ein “\)A\) und \(B\)”, dass sowohl \(A\) wie auch \(B\) erfüllt sein müssen. Das ist mathematisch gesprochen die Schnittmenge von \(A\) und \(B\).

\[ A \cap B \]

Bei der Formulierung “\)A\) oder \(B\)” müssen wir vorsichtig sein. Mathematisch unterscheiden wir hier ganz streng zwischen “\)A\) oder \(B\) (oder beide gleichzeitig)” und “entweder \(A\) oder \(B\) (aber nicht beide gleichzeitig)”. Die erste Formulierung von oder ist einfacher: Es kommt nicht darauf an, ob Ereignis \(A\) oder \(B\) oder die Schnittmenge von \(A\) und \(B\) erfüllt ist, Hauptsache etwas davon ist erfüllt. Es ist die Vereinigung von \(A\) und \(B\):

\[ A \cup B \]

Das zweite oder ist das “entweder…oder” und dieses schliesst die Schnittmenge von \(A\) und \(B\) aus. Mathematisch wird das so geschrieben:

\[ (A \cap \overline{B}) \;\cup\; (\overline{A} \cap B) \]

Bedeutungen der beiden Verknüpfungen Schnittmenge (\(\cap\)) und Vereinigung (\(\cup\)):

\(A \cap B\)und bzw. sowohl, als auch
\(A \cup B\)oder (beides zulassend)
\((A \cap \overline{B}) \;\cup\; (\overline{A} \cap B)\)entweder oder, nicht beides zulassend
\(\overline{A} \cap \overline{B}\)weder … noch
\(\overline{A} \cup \overline{B}\)beide treffen nicht zu oder es trifft höchstens einer zu, nicht beide

Interessant sind die beiden De-Morgan-Gesetze, die wir in der Alltagssprache benutzen, ohne uns dessen bewusst zu sein:

De-Morgan-Gesetze:

\[ \overline{(A \cap B)} \;\;=\;\; \overline{A} \cup \overline{B} \]

\[ \overline{(A \cup B)} \;\;=\;\; \overline{A} \cap \overline{B} \]

Beispiel

Zwei Freundinnen machen eine kleine Einkaufstour. Sie möchten sich ein neues Paar Schuhe kaufen. Ihre Kriterien sind:

  • Ereignis \(A\) = Sie kaufen sich ein Paar Traumschuhe
  • Ereignis \(B\) = Sie kaufen sich ein Paar, weil es ein Schnäppchen ist

Enttäuscht kehren sie zurück, ohne etwas gekauft zu haben.

Wende ein Gesetz von De Morgan an, um die Situation zu beschreiben.


Eigentlich war es den beiden Freundinnen egal gewesen, ob sie nun viel Geld für ein Paar Traumschuhe (\(A\)) oder wenig Geld für einen Schnäppchenkauf (\(B\)) ausgeben würden. Auch der Fall der Schnittmenge \(A \cap B\) wäre, zwar unwahrscheinlich, aber dennoch nicht ausgeschlossen gewesen: Ein Paar Traumschuhe zu einem Schnäppchenpreis!

Leider ist ihr Wunsch von \(A \cup B\) nicht in Erfüllung gegangen, so dass wir das Gegenereignis davon haben \(\overline{(A \cup B)}\). Mit De Morgans Gesetz erhalten wir auf der rechten Seite eine alternative Formulierung, die der gleichen Ereignismenge entspricht:

\[ \overline{(A \cup B)} \;\;=\;\; \overline{A} \cap \overline{B} \]

Die rechte Seite übersetzt heisst: Sie haben kein Paar Traumschuhe gekauft und sie haben auch kein Schnäppchen gefunden. Tönt passend, oder? Interessant ist, dass aus dem ursprünglichen oder, durch die Negation zu einem und wurde.

Wir könnten auch sagen, dass sie weder ein Traumpaar, noch ein Schnäppchen gekauft haben.

Autor dieses Artikels:

David John Brunner

Lehrer für Physik und Mathematik | Mehr erfahren

publiziert:

überarbeitet:

publiziert:

überarbeitet:

Frage oder Kommentar?

Frage/Kommentar?

Schreib deine Frage / Kommentar hier unten rein. Ich werde sie beantworten.

Kommentar oder Frage schreiben