Partielle Integration für unbestimmte Integrale

Die partielle Integration ist eine praktische Integrationsmethode, die angewendet wird, wenn im Integral ein Produkt von zwei Teilfunktionen stehen. Sie muss manchmal mehrfach hintereinander angewendet werden.

Die Methode der partiellen Integration wird angewendet, wenn im Integral ein Produkt von zwei Teilfunktionen \(u\) und \(v’\) steht:

\[ \int \underset{\downarrow}{u(x)} \cdot \underset{\uparrow}{v'(x)} \; dx \] 

In der Formel der partiellen Integration werden beide Teilfunktionen zweimal geschrieben. Die abzuleitende Teilfunktion \(\underset{\downarrow}{u(x)}\) wird einmal unverändert \(u\) und einmal abgeleitet \(u’\) notiert. Die zu integrierende Teilfunktion \(\underset{\uparrow}{v'(x)}\) wird beide Male integriert, d.h. wir notieren zweimal deren Stammfunktion \(v\).

\[ \int \underset{\downarrow}{u} \cdot \underset{\uparrow}{v’} \; dx \;\; = \;\; \underset{(=)}{u} \cdot \underset{(\uparrow)}{v} – \int \underset{(\downarrow)}{u’} \cdot \underset{(\uparrow)}{v} \; dx \]

Wir sehen hier, dass bei der partiellen Integration das ursprüngliche Integral zu einem weiteren Integral führt. Dieses zweite Integral ist, wenn die Methode richtig angewendet wird, einfacher zu lösen sein als das Erste. Manchmal muss das Verfahren aber mehrmals hintereinander angewendet werden.

Das Produkt der beiden Teilfunktionen im ursprünglichen Integral \(u \cdot v’\) besteht aus einer abzuleitenden und einer zu integrierenden Funktion. Welche der beiden Teilfunktionen ist abzuleiten und welche ist zu integrieren? Die Wahl erfolgt nach den folgenden Kriterien:

  • Potenzen sollten in der Regel abgeleitet werden
  • Teilfunktionen, die nicht oder schwer zu integrieren ist, werden abgeleitet

Das Finden der Stammfunktion, also das Integrieren, ist meistens schwieriger als das Ableiten. Wir werden deshalb versuchen, die etwas einfachere Teilfunktion zu integrieren und die etwas schwierigere Teilfunktion abzuleiten.

Haben wir eine Potenz, so leiten wir sie vorzugsweise ab. Das zweite Integral enthält dann zwar wieder eine Potenz, jedoch ist sie um einen Grad reduziert. Durch mehrfaches Wiederholen reduziert sich der Grad, bis wir nur noch eine Zahl haben. Die Zahl kann dann mit der Faktorregel aus dem Integral genommen werden und wir müssen nicht mehr partiell integrieren.

Beispiel

Berechne folgendes Integral:

\[ \int x \cdot \cos(x) \; dx \]


Wir erkennen das Produkt der beiden Teilfunktionen: Zum einen haben wir \(x\) und zum anderen \(\cos(x)\). Die Teilfunktion \(x\) ist eine Potenz ersten Grades und damit ideal für die Ableitung. Die andere Teilfunktion \(\cos(x)\) kann ohne Probleme integriert werden. Wir wählen deshalb:

  • \(x\) soll abgeleitet werden (\(\downarrow\))
  • \(\cos(x)\) soll integriert werden (\(\uparrow\))

Wir notieren das in unserem ursprünglichen Integral:

\[ \int \underset{\downarrow}{x} \cdot \underset{\uparrow}{\cos(x)} \; dx \]

Jetzt schreiben wir die beiden Teilfunktionen auf, sowie deren Ableitung bzw. Stammfunktion:

\[ u = x \quad \rightarrow \quad u’ = 1 \]

\[ v’ = \cos(x) \quad \rightarrow \quad v = \sin(x) \]

Nun können wir die Ausdrücke in die Formel der partiellen Integration einsetzen:

\[ \int \underset{\downarrow}{x} \cdot \underset{\uparrow}{\cos(x)} \; dx \;\; = \;\; x \cdot \sin(x) – \int 1 \cdot \sin(x) \; dx \]

Das zweite Integral können wir ganz einfach integrieren:

\[ \int \sin(x) \; dx = -\cos(x) + C \]

Somit haben wir das ursprüngliche Integral vollständig gelöst:

\[ \int x \cdot \cos(x) \; dx \;\; = \;\; \underline{x \cdot \sin(x) + \cos(x) + C} \]

Beachte, dass streng genommen, die Konstante \(C\) in der oberen Gleichung nicht das gleiche \(C\) ist, wie in der unteren Gleichung.

Beispiel

Berechne folgendes Integral:

\[ \int e^x \cdot x^2 \; dx \]


Wir schauen uns die beiden Teilfunktionen an und sehen, dass \(x^2\) eine Potenz ist. Sie ist Kandidatin für \(u\), die abgeleitet werden soll. Die andere Teilfunktion ist \(e^x\) und ist somit sehr einfach integrierbar. Somit ist sie die Teilfunktion \(v’\), die integriert werden soll.

\[ \int \underset{\downarrow}{x^2} \cdot \underset{\uparrow}{e^x} \; dx \]

\[ u = x^2 \quad \rightarrow \quad u’ = 2x \]

\[ v’ = e^x \quad \rightarrow \quad v = e^x \]

Jetzt setzen wir diese Grössen in die Formel der partiellen Integration ein:

\[ \int \underset{\downarrow}{x^2} \cdot \underset{\uparrow}{e^x} \; dx \;\; = \;\; x^2 \cdot e^x – \int 2x \cdot e^x \; dx \]

Beim zweiten Integral können wir zwar den Faktor \(2\) mit der Faktorregel nach vorne bringen, müssen das Integral aber nochmals partiell integrieren:

\[ = x^2 e^x – 2 \int \underset{\downarrow}{x} \cdot \underset{\uparrow}{e^x} \; dx \]

\[ u = x \quad \rightarrow \quad u’ = 1 \]

\[ v’ = e^x \quad \rightarrow \quad v = e^x \]

\[ = x^2 e^x – 2 \cdot \Big( x \cdot e^x – \int 1 \cdot e^x \; dx \Big) \]

\[ = x^2 e^x – 2 \cdot \Big( x \cdot e^x – e^x + C \Big) \]

\[ \int e^x \cdot x^2 \; dx \;\; = \;\; x^2 e^x – 2xe^x + 2e^x + C \;\; \]

\[ = \;\; \underline{e^x \big( x^2 – 2x + 2 \big) + C} \]

Beachte, dass auch hier das erste eingeführte \(C\) nicht weitergezogen worden ist und nicht dem \(C\) im Endresultat entspricht.

Partielle Integration für bestimmte Integrale

Bestimmte Integrale können auf zwei Arten partiell integriert werden:

Bestimme die Stammfunktion mit Hilfe des Verfahrens ohne Integrationsgrenzen und bilde die Differenz der Stammfunktion mit den beiden Integrationsgrenzen:

\[ \int_a^b u \cdot v’ \; dx \quad \rightarrow \quad \int u \cdot v’ \; dx = F(x) + C \]

\[ \rightarrow \quad \Big[ F(x) \Big]_a^b = F(b) – F(a) \]

Du kannst die beiden Integrationsgrenzen auch gleich von Anfang an benutzen:

\[ \int_a^b u \cdot v’ \; dx \;\; = \;\; \big[ u \cdot v \big]_a^b – \int_a^b u’ \cdot v \; dx \]

Beispiel

Berechne folgendes Integral:

\[ \int_0^1 x^2 \cdot e^x \; dx \]


Wir haben die Stammfunktion dieses Integrals in einem Beispiel schon berechnet:

\[ \int x^2 \cdot e^x \; dx \;\; = \;\; e^x \big( x^2 – 2x + 2 \big) + C \]

Mit der ersten Methode erhalten wir für das bestimmte Integral:

\[  \Big[ e^x \big( x^2 – 2x + 2 \big) \Big]_0^1 \]

\[ \require{cancel} = e^1 \big( 1^2 \cancel{- 2 \cdot 1} + \cancel{2} \big) – e^0 \big( \cancel{0^2} – \cancel{2 \cdot 0} + 2 \big) \]

\[ = \underline{e-2} \]

Jetzt probieren wir die zweite Methode aus:

\[ \int_0^1 \underset{\downarrow}{x^2} \underset{\uparrow}{e^x} \; dx \]

\[ = \big[ x^2 e^x \big]_0^1 – 2 \int_0^1 \underset{\downarrow}{x} \underset{\uparrow}{e^x} \; dx \]

\[ = \big[ x^2 e^x \big]_0^1 – 2 \big[ x e^x \big]_0^1 + 2 \int_0^1 e^x \; dx \]

\[  = \big[ x^2 e^x \big]_0^1 – 2 \big[ x e^x \big]_0^1 + 2 \big[ e^x \big]_0^1 \]

\[ = (1^2 e^1-0) – 2(1e^1-0) + 2(e^1-e^0) \]

\[ \require{cancel} = e-\cancel{2e}+\cancel{2e}-2 \]

\[ = \underline{e-2} \]

Aufgabensammlung

  • Integrationsmethoden (5036) – Aufg. 4

  • Integrationsmethoden (5036) – Aufg. 5

  • Integrationsmethoden (5036) – Aufg. 6

Autor dieses Artikels:

David John Brunner

Lehrer für Physik und Mathematik | Mehr erfahren

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