Das Gesetz von Boyle-Mariotte besagt, dass eine konstante Menge eines Gases (\(n\) konstant) bei einer konstanten Temperatur \(T\) ein konstantes Produkt von Druck und Volumen hat:

\[ p_1 \cdot V_1 = p_2 \cdot V_2 \qquad (n, T \;\; \text{konstant}) \]

\[ p \cdot V = \text{konstant} \]

In der ersten Schreibweise bilden Druck und Volumen des Gaszustandes 1 das gleiche Produkt, wie Druck und Volumen des Gaszustandes 2.

Herleitung

Das Gesetz von Boyle-Mariotte wurde unabhängig voneinander von R. Boyle (1627-1691), einem in Irland geborenen Engländer und vom Franzosen E. Mariotte (1620-1684) gefunden. Im englischen Sprachraum spricht man denn auch von Boyle’s law. In Frankreich sind beide Namen gebräuchlich, manchmal aber auch nur loi de Mariotte. Wir werden dieses Gesetz mit einer einfachen Modellüberlegung herleiten.

Gesetz von Boyle-Mariotte (Kraftstösse der Teilchen)
Die Kollisionen der Teilchen auf die Fläche \(A\) ergeben Kraftstösse \(F\), die über die Zeit gemittelt, die Kraft \(\overline{F}\) ergeben. Diese Kraft durch die Fläche geteilt, ergeben den Druck \(p\) auf die Fläche bzw. im Gas.

Wenn wir einen Gasbehälter anschauen, dann prallen die Gasteilchen immer wieder auf die Behälterwand. Die eine Behälterwand mit Fläche \(A\) erfährt über die Zeit ganz viele Stösse. Diese Stösse sind elastische Stösse, wie wir sie im Rahmen des Impulses diskutiert haben. Ein Teilchen ändert durch den Stoss seinen Impuls, was einer Krafteinwirkung entspricht. Wir können deshalb sagen, dass die vielen Teilchen mit einer Kraft \(F(t)\) auf die Fläche \(A\) wirken. Diese Kraft ist eigentlich ein wilder Zickzack, aber über die Zeit gemittelt wird sie zu einer Konstante \(F\). Kraft pro Fläche ist bekanntlich Druck. Wir haben deshalb im Gasbehälter einen Gasdruck \(p\):

\[ p = \frac{F}{A} \]

Wenn wir den quaderförmigen Behälter vergrössern, indem wir die Seitenlängen zum Beispiel verdoppeln, wird das Volumen dadurch 8 mal grösser. Das Gas ist jetzt im Behälter quasi 8-fach “verdünnt”. Teilchen, die auf direktem Weg auf die Fläche \(A\) zufliegen, werden jetzt eine doppelte Strecke zurücklegen müssen. Das braucht doppelt so viel Zeit. Die Fläche \(A\) wird deshalb nur noch halb so oft Stösse erfahren, obwohl es die gleichen Teilchen sind und sie sich immer noch gleich schnell bewegen. Die Kollisionen werden seltener und die über die Zeit gemittelte Kraft halbiert sich:

\[ F \quad \rightarrow \quad \frac{F}{2} \]

Die Seiten der quadratischen Fläche \(A\) wurden durch die Vergrösserung verdoppelt, so dass die Fläche vervierfacht wurde:

\[ A \quad \rightarrow \quad 4A \]

Wir setzen diese Veränderungen in unsere Druckgleichung ein und erhalten einen Druck, der 8-fach kleiner wird:

\[ p = \frac{F}{A} \quad \rightarrow \quad \frac{\Big(\frac{F}{2}\Big)}{\big(4A\big)} = \frac{1}{8} \frac{F}{A} \]

Wenn wir das Volumen \(V\) 8-fach vergrössern, wird der Druck \(p\) 8-fach kleiner. Damit haben wir das erste Gasgesetz gefunden: das Gesetz von Boyle-Mariotte. Das Volumen vergrössert sich um den gleichen Faktor, wie der Druck sich verkleinert. Mathematisch, lässt sich das folgendermassen schreiben:

Das Gesetz von Boyle-Mariotte besagt, dass eine konstante Menge eines Gases (\(n\) konstant) bei einer konstanten Temperatur \(T\) ein konstantes Produkt von Druck und Volumen hat:

\[ p_1 \cdot V_1 = p_2 \cdot V_2 \]

Beispiele

Das Gesetz von Boyle-Mariotte können wir an zahlreichen Beispielen erkennen:

  • Beim Einatmen vergrössern wir das Volumen unserer Lunge und der Druck sinkt unmittelbar. Es fliesst dann aber sofort Luft nach, um den Druck wieder auszugleichen.
  • Beim Trinken mit einem Trinkhalm vergrössern wir das Volumen in der Mundhöhle mit unserer Zunge und der Druck sinkt. Als Folge drückt der Luftdruck auf die Oberfläche des Getränks und stösst damit das Getränk den Halm hinauf in die Mundhöhle, um den Druck wieder auszugleichen.
  • Durch das Verkleinern des Volumens in einer Velopumpe erhöhen wir den Druck um den gleichen Faktor.
  • Wegen des leicht geringeren Drucks in der Flugzeugkabine blasen sich Chipstüten oder Joghurtbecher innerlich auf, d.h. die eingeschlossene Luft nimmt mehr Volumen ein.
  • Wetterballone starten von der Erdoberfläche mit einem kleinen Volumen. In hoher Atmosphäre nehmen sie durch den kleineren Umgebungsdruck ein grösseres Volumen ein.
  • Taucher lernen als Erstes in der Tauchschule, dass sie beim Aufsteigen ausatmen müssen. Der Grund: Beim Aufsteigen nimmt der Umgebungsdruck stark ab und die Luft in der Lunge würde volumenmässig so stark zunehmen, dass die Lunge lebensgefährlich verletzt würde.

Beispiel

Auf welches Volumen müssen wir einen Liter Luft komprimieren, um den Druck von \(1\;\text{bar}\) auf \(4\;\text{bar}\) zu erhöhen? 


Gemäss dem Gesetz von Boyle-Mariotte bleibt das Produkt von Druck und Volumen konstant. In dieser Aufgabe haben wir den Anfangsdruck \(p_1 = 1\;\text{bar}\) und das Anfangsvolumen \(V_1 = 1\;\text{l}\). Der Enddruck ist ebenfalls bekannt: \(p_2 = 4\;\text{bar}\). Das Endvolumen \(V_2\) ist unbekannt:

\[ p_1 \cdot V_1 = p_2 \cdot V_2 \]

Wir lösen nach der Unbekannten \(V_2\) auf und setzen die Werte ein:

\[ V_2 = \frac{p_1}{p_2} \cdot V_1 = \frac{1\;\text{bar}}{4\;\text{bar}} \cdot 1\;\text{l} = \frac{1}{4}\;\text{l} = \underline{0.25\;\text{l}} \]

Das Volumen muss vierfach verkleinert werden, um den Druck zu vervierfachen.

Gesetz von Boyle-Mariotte
Gesetz von Boyle-Mariotte: Wird bei gleicher Temperatur das Volumen halbiert, so verdoppelt sich der Druck. Volumen und Druck sind umgekehrt proportional bzw. ergeben immer das gleiche Produkt.

Beispiel

Um welchen Faktor vergrössert sich eine Luftblase, wenn sie von \(50\;\text{m}\) Tiefe an die Oberfläche aufsteigt, wenn der Umgebungsluftdruck rund \(1\;\text{bar}\) beträgt?


Der Schweredruck (hydrostatische Druck) in Wasser, nimmt ungefähr alle 10 Meter um \(1\;\text{bar}\) zu. In \(50\;\text{m}\) Tiefe beträgt er:

\[ p = \rho g h + p_U = 1000\;\frac{\text{kg}}{\text{m}^3} \cdot 9.81 \frac{\text{m}}{\text{s}^2} \cdot 50\;\text{m} + 100’000\;\text{Pa} \]

\[ p = 590’500\;\text{Pa} = 5.9\;\text{bar} \]

Der Druck in der Luftblase ist gleich dem Umgebungsdruck im Wasser, d.h. er sinkt beim Aufsteigen der Blase von \(5.9\;\text{bar}\) runter auf \(1\;\text{bar}\). Das Volumen der Base beträgt deshalb an der Oberfläche das \(5.9\)-fache vom Volumen, das die Blase ursprünglich hatte. Der Faktor ist \(\underline{5.9}\).

Gesetz von Boyle-Mariotte (Luftvolumen beim Tauchen)
Durch den steigenden Umgebungsdruck (hydrostatischer Druck aufgrund der Wassersäule) wird eine Luftblase bei grosser Tiefe sehr stark zusammengedrückt. Beim Tauchen muss dies berücksichtigt werden, v.a. darf beim Aufsteigen eingeatmete Luft nicht in der Lunge behalten werden, da sie sich stark ausdehnen würde.

Konstruktion der Isothermen im p,V-Diagramm

Wir nehmen das Gesetz von Boyle-Mariotte für ein Gas und schreiben für die Konstante einfach \(k\). Dann dividieren wir durch \(V\):

\[ p \cdot V = k \quad \rightarrow \quad p(V) = k \cdot \frac{1}{V} \]

Wenn wir dies in ein \(p,V\)-Diagramm eintragen, ergibt das eine Hyperbel mit der \(p\)-Achse und der \(V\)-Achse als Asymptoten.

Gesetz von Boyle-Mariotte (Druck-Volumen-Diagramm)
Aus dem Gesetz von Boyle-Mariotte folgen direkt die Hyperbel-Linien für die Isothermen im Druck-Volumen-Diagramm

Nehmen wir z.b. die unterste Kurve im obigen Diagramm, so sehen wir sehr schön, wie der Druck bei kleiner werdendem Volumen zunimmt oder umgekehrt, wie der Druck abnimmt, wenn wir das Gas expandieren.

Beachte, dass beim Gesetz von Boyle-Mariotte die Temperatur konstant bleibt. Jede Hyperbel steht für eine bestimmte, konstant gehaltene Temperatur. Die Kurve wird deshalb auch Isotherme genannt. “Iso” steht für “gleich” und “therme” für Temperatur. Alle Punkte auf der Hyperbel entsprechen Zuständen bei der gleichen Temperatur, die durch die Anwendung von Boyle-Mariotte erreicht werden können.

Wie wir auf die anderen Hyperbeln kommen, die für höhere Temperaturen stehen, schauen wir uns jetzt an: Wir nehmen ein Volumen und erwärmen dieses. Die Teilchen bewegen sich schneller, sie prasseln mit mehr Geschwindigkeit und somit mit mehr Impuls auf die Behälterwände, was zu einer grösseren Kraft und somit zu einem grösseren Druck führt. Bei gleichem Volumen, haben wir jetzt durch die höhere Temperatur einen höheren Druck erhalten, d.h. wir haben jetzt eine grössere Konstante \(k\).

Jetzt lassen wir die Temperatur aber wieder konstant und wenden das Gesetz von Boyle-Mariotte mit dem grösseren \(k\) an. Es gibt uns eine weitere Hyperbel, die aber auf einem höheren Druckniveau liegt.

Aufgabensammlung

  • Erdgas (0111)

  • Fahrradpumpe (0110)

Autor dieses Artikels:

David John Brunner

Lehrer für Physik und Mathematik | Mehr erfahren

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