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Im vorigen Kapitel haben wir die beiden sehr einfachen Gleichungen angeschaut:
\[ x=1 \]
\[ x+1=2 \]
Man kommt von der ersten zur zweiten Gleichung indem man auf beiden Seiten je 1 addiert. Da die Addition auf beiden Seiten geschieht, wird das Gleichgewicht nicht gestört. In diesem Fall bleibt auch die Lösungsmenge die Gleiche. Die Umformung hat nichts verändert und wird deshalb auch äquivalent genannt.
Wir werden jetzt sog. nicht-äquivalente Umformungen anschauen, die einen Einfluss auf die Lösungsmenge haben.
Als Erstes teilen wir die Gleichung \(x+1=2\) durch \((x-1)\) und erhalten:
\[ \frac{x+1}{x-1} = \frac{2}{x-1} \]
Wir haben beide Seiten gleich behandelt und damit das Gleichgewicht nicht gestört. Mit der Division haben wir aber eine Einschränkung in Kauf genommen. \(x\) darf alle Werte ausser 1 haben, denn wenn \(x=1\), dann würden wir durch null teilen und das ist bekanntlich nicht erlaubt. Korrekterweise müssen wir zwei Fälle unterscheiden:
Fall 1: \(x \ne 1\)
\[ \frac{x+1}{x-1} = \frac{2}{x-1} \]
Fall 2: \(x = 1\)
\[ x = 1 \]
Wenn wir eine Einschränkung machen, müssen wir uns dann immer auch den komplementären Fall anschauen, damit wir immer alle Fälle abdecken. Im ersten Fall haben wir immer noch die Gleichung und wir dividieren nicht durch null, da wir \(x \neq 1\) fordern – da ist alles in Ordnung. Im zweiten Fall brauchen wir die Gleichung von oben gar nicht mehr, denn \(x=1\) ist bereits die Lösung: \(x=1\).
Im Fall 1 haben wir zwar immer noch eine Gleichung, aber die Lösungsmenge ist leer! Die beiden Zähler können nur gleich sein, wenn \(x=1\) ist und genau das haben wir aber ausgeschlossen.
Fall 1: \(x \ne 1\)
\[ \boldsymbol{L} = \Bigl \{\,\,\Bigr \} \]
Fall 2: \(x = 1\)
\[ \boldsymbol{L} = \Bigl \{\,1\,\Bigr \} \]
Hätten wir den zweiten Fall nicht mitberücksichtigt, dann hätten wir die eine Lösung der Ursprungsgleichung verloren. Das Dividieren durch \((x-1)\) hat die Lösungsmenge verkleinert. Es handelt sich deshalb um eine Verlustumformung.
Eine Umformung einer Gleichung heisst Verlustumformung, wenn durch sie die Lösungsmenge verkleinert wird, z.B. durch eine verbotene Division auf beiden Seiten durch null.
Um solche Verlustumformungen zu vermeiden, müssen wir bei Einschränkungen immer auch den komplementären Fall betrachten, um alle Fälle zu berücksichtigen.
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