Das Wichtigste in Kürze

Die Haftreibung ist eine der drei Formen der Reibungskraft. Sie ist grösser als die Gleitreibung und auch als die Rollreibung.

Die Haftreibungskraft \(F_R\) ist nicht proportional zur Normalkraft \(F_N\).

Sie lässt sich auch nicht berechnen, wie die anderen Reibungskräfte, sondern folgt aus der Situation, gemäss Newtons Drittem Gesetz (Wechselwirkungsgesetz). Sie stellt sich so ein, dass Kräftegleichgewicht herrscht.

Was sich ähnlich zu den anderen Reibungskräften berechnen lässt, ist die Obergrenze, d.h. die maximal mögliche Haftreibungskraft \(F_{HRmax}\). Damit gilt für die Haftreibungskraft \(F_R\):

\[ F_R \;\;<\;\; F_{HRmax} = \mu_H \cdot F_N \]

Der Haftreibungskoeffizient kann für verschiedene Oberflächenpaare in Tabellen nachgeschaut werden. Er bewegt sich im Bereich von ca. \(0.042 < \mu_H < 1 \)

Falls die Haftreibung ungewollt ist, empfiehlt sich die Reduktion der Normalkraft, die Wahl von gut gleitenden Materialien (z.B. Teflon) oder der Einsatz von Schmiermitteln.

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    • Reibungskraft – Baldwin Street (0107)

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    Haftreibung
    Die Haftreibungskraft wirkt nach oben, die Gewichtskraft nach unten. Beide Kräfte heben sich auf und der Mann bleibt auf gleicher Höhe.
    Image by Michael Pechardo, shared on Unsplash

    Die Haftreibung ist, neben der Gleitreibung und Rollreibung, eine der drei Formen der Reibungskraft. Die beiden Flächen berühren sich und “haften” gewissermassen zusammen. Bei der Haftreibung reiben die zwei Flächen nicht aufeinander, d.h. sie bewegen sich nicht relativ zueinander.

    Weil diese Oberflächen nicht ganz glatt sind und zusammen “haften”, entsteht eine Reaktionskraft, sobald von aussen Kräfte wirken, die versuchen, die beiden Oberflächen zum Bewegen zu bringen. Die Haftreibungskraft ist einer möglichen Bewegung entgegengesetzt.

    Beispiele für Haftreibung:

    • Die Haftreibung zwischen unseren Schuhsohlen und dem Boden ermöglicht ein sicheres, rutschfreies Gehen und Laufen
    • Die Haftreibung zwischen den Autoreifen und der Strasse sorgt dafür, dass das Auto sicher beschleunigen, bremsen und Kurven fahren kann.
    • Beim Klettern verhindert die Haftreibung zwischen den Händen/Füßen und der Kletterwand ein Abrutschen
    • Beim Schreiben hilft die Haftreibung zwischen Stiftspitze und Papier, dass wir nicht immer gleich abrutschen.
    • Die Haftreibung zwischen den Stuhlbeinen und dem Boden verhindert, dass der Stuhl leicht verrutscht, wenn wir uns auf ihn setzen.

    Die Haftreibung ist grösser als die Gleitreibung und damit automatisch auch grösser als die Rollreibung.

    Meistens ist die Haftreibung gewollt. Wenn sie aber ungewollt ist und nicht verhindert werden kann, empfiehlt sich die Wahl von gut gleitenden Materialien (z.B. Teflon) oder der Einsatz von Schmiermitteln. Vielleicht kann die Normalkraft reduziert werden, was direkt zu einer Reduktion der Haftreibungskraft führt.

    Das Motorrad in der Kurve rutscht nicht weg, dank der Haftreibungskraft zwischen Reifen und Asphalt. Seitlich gesehen, bewegt sich das Motorrad nicht. Es ist Haftreibung.

    Reibungskraft: Das Abrollen der Räder erzeugt Rollreibung. Seitlich haften die Reifen am Boden und verhindern ein Wegrutschen (Haftreibung)
    Reibungskraft: Das Abrollen der Räder erzeugt Rollreibung. Seitlich haften die Reifen am Boden und verhindern ein Wegrutschen (Haftreibung) https://i0.pickpik.com/photos/821/746/465/motorbike-racing-motorcycle-race-de382f03e121d2df1ba59d282ae66dd4.jpg, CC0

    Bei nasser Strasse wirkt der Wasserfilm wie ein Schmiermittel, der den Haftreibungskoeffizienten signifikant reduziert. Damit senkt das Wasser die Obergrenze der Haftreibung, so dass Fahrzeuge viel schneller die Haftreibung verlassen und ins Schleudern (Gleitreibung) kommen. Um das sog. ‘Aqua Planing’ zu verhindern, sollte bei nassen Verhältnissen die Geschwindigkeit angepasst werden.

    Bei nasser Strasse wirkt die Wasserschicht wie ein Schmiermittel und verlängert den Bremsweg
    Bei nasser Strasse wirkt die Wasserschicht wie ein Schmiermittel und verlängert den Bremsweg Image by PublicDomainPictures, https://pixabay.com/de/photos/aquaplaning-wasser-regen-wagen-83008/, CC0

    Wenn wir einen Nagel einschlagen, hält er anschliessend nur dank Haftreibungskraft. Da das elastische Holz gegen den Nagel drückt, wird eine relativ grosse Obergrenze für diese Haftreibung erreicht. Sie kann nur mit Hilfe einer Beisszange und mit Hilfe von Hebelkräften überwunden werden.

    Die Haftreibung hält den Nagel im Holz fest. Nur mit viel Kraft kann sie mit einer Beisszange überwunden und der Nagel herausgezogen werden.
    Die Haftreibung hält den Nagel im Holz fest. Nur mit viel Kraft kann sie mit einer Beisszange überwunden und der Nagel herausgezogen werden. https://www.rawpixel.com/image/5958490/free-public-domain-cc0-photo, CC0

    Abhängigkeit von der Normalkraft

    Wenn wir die Haftreibung berechnen möchten, ist das etwas komplizierter als bei der Gleitreibung oder Rollreibung, denn die Haftreibungskraft ist nicht proportional zur Normalkraft.

    Die Haftreibungkraft folgt aus der Kräftesituation und stellt sich gemäss Newtons Drittes Gesetz so ein, dass Kräftegleichgewicht herrscht.

    Es gibt für die Haftreibung aber eine Obergrenze, bis zu welcher die beiden Oberflächen aneinander haften können. Darüber lässt die Haftung los und wir kriegen ein Gleiten.

    Diese Obergrenze, d.h. die maximal mögliche Haftreibungskraft \(F_{HRmax}\) können wir bestimmen. Sie ist proportional zur Normalkraft:

    \[ F_{Rmax} = \mu_H \cdot F_N \]

    Der Proportionalitätsfaktor ist der Haftreibungskoeffizient \(\mu_H\). Je kleiner der Haftreibungskoeffizient, desto tiefer liegt die Obergrenze bei einer gegebenen Normalkraft:

    Wir bestimmen dann die Reibungskraft, die wir haben möchten, damit Kräftegleichgewicht herrscht, d.h. keine Beschleunigung stattfindet. Wir verlangen Kräftegleichgewicht (\(F_{res}=0\). Wenn die dazu benötigte Haftreibungskraft kleiner als die maximal mögliche Obergrenze \(F_{Rmax}\) ist, wird Haftreibung möglich sein.

    Falls die Obergrenze aber überschritten wird, kann keine so grosse Haftreibungskraft aufgebracht werden. Es entsteht dann meistens Gleitreibung, d.h. wir müssen die Berechnung wieder von vorne beginnen – dieses Mal für die Gleitreibung.

    Beispiel

    Das Vorderrad eines Autos \((m=1.8\,\text{t})\) überträgt einen Viertel der Gewichtskraft. Es dreht im Schnee durch. Die Gleitreibungskraft beträgt \(F_{GR} = 662\,\text{N}\). Wie viel beträgt die Haftreibungskraft? (Haftreibungskoeffizient: \(\mu_H=0.25\)) Wie ist die Haftreibungskraft am Auto gerichtet? (gegeben ist die Gleitreibungskraft \(F_{GR}\) vorne)
    Das vordere Rad dreht durch. Die Gleitreibung an diesem Rad ist der Drehrichtung des Rads entgegengesetzt.
    Das vordere Rad dreht durch. Die Gleitreibung an diesem Rad ist der Drehrichtung des Rads entgegengesetzt.

    Das Vorderrad versucht ja, das Auto nach vorne zu bewegen. Allerdings ist diese Kraft zu schwach, d.h. eine Haftreibungskraft widersetzt sich der Bewegung und zeigt deshalb nach hinten. Sie greift an der Stelle an, wo das Auto mit dem Boden Kontakt hat, also am Hinterrad.
    Das durchdrehende Rad (vorne) zieht schwach am Wagen. Die Haftreibung am Hinterrad wirkt dagegen.
    Das durchdrehende Rad (vorne) zieht schwach am Wagen. Die Haftreibung am Hinterrad wirkt dagegen.
    Da für das Auto Kräftegleichgewicht gilt (es ist in Ruhe und bleibt in Ruhe), gilt \(F_{res}=0\) oder \(F_R = F_{GR}\). Die Haftreibungskraft stellt sich genau so ein, dass Kräftegleichgewicht herrscht. Die bremsende Haftreibungskraft ist deshalb genau gleich gross, wie die beschleunigende Gleitreibungskraft am Vorderrad: \[ \underline{F_R = 662\,\text{N}} \] Wir untersuchen jetzt, ob die Haftreibungskraft unterhalb ihrer Grenze ist. Diese ist abhängig von der Normalkraft. \[ F_N = F_g = m \cdot g = 1’800\,\text{kg} \cdot 9.81\,\frac{\text{m}}{\text{s}^2} \] \[ F_N = 17’658\,\text{N} \] \[ F_{R,max} = \mu_H \cdot F_N = 0.25 \cdot 17’658\,\text{N} = 4’415\,\text{N} \] Die Obergrenze ist nicht überschritten, d.h. das Hinterrad (bzw. beide Hinterräder) haben genug Haftung mit dem Boden: \[ F_R = 662\,\text{N} < 4’415\,\text{N} \]

    Beispiel

    Im Film Divergent (2014) rettet Tris die fallende Kristina. Zeichne die fehlenden Kräfte für Kristina (links) und für Tris (rechts) ein, unter der Annahme, dass beide gleich schwer sind und Haftreibungskoeffizient \(\mu_H>0.5\).
    Im Filmausschnitt hält Tris die Kristina zurück und verhindert ihren Fall.
    Im Filmausschnitt hält Tris die Kristina zurück und verhindert ihren Fall.

    Die fallende Kristina wird zurückgehalten, d.h. sie muss im Kräftegleichgewicht sein. Die Kraft, mit welcher Tris sie zurückhält entspricht ihrer Gewichtskraft: \[ F_{R1} = F_g \] Beide Kräfte heben sich auf und wir haben Kräftegleichgewicht \((F_{res} = 0)\), d.h. Kristina wird nicht mehr nach unten mit \(g\) beschleunigt.
    Auf Kristina wirkt eine Kraft nach oben, so dass sie in ein Kräftegleichgewicht kommt. Tris muss ebenfalls im Kräftegleichgewicht sein. Die Kraft nach vorne wird durch Haftreibung kompensiert.
    Auf Kristina wirkt eine Kraft nach oben, so dass sie in ein Kräftegleichgewicht kommt. Tris muss ebenfalls im Kräftegleichgewicht sein. Die Kraft nach vorne wird durch Haftreibung kompensiert.
    Bei Tris ist die Situation etwas komplizierter. Sie hat die gleiche Kraft \(F_{R1}\), mit welcher sie Kristina zurückhält. Für Tris ist das aber eine Kraft, die nach unten zeigt. Es ist ja letztlich die Gewichtskraft von Kristina.
    Jetzt wirkt der Boden zweifach gegen diese Kräfte nach unten: Tris’ Gewichtskraft wird vom Boden aufgenommen mit einer Normalkraft \(F_{N1}\) und Kristinas Gewichtskraft wird von der Normalkraft \(F_{N2}\) aufgenommen.
    Diese zeigt aber etwas schräg nach vorne und Kristina muss den Anteil nach vorne mit der Haftreibungskraft \(F_{R2}\) nach hinten kompensieren, sonst rutscht sie nach vorne.

    Erlaubt die Unterlage eine solche Haftreibungskraft? Wenn wir genau schauen, so ist \(F_{R2}\) etwas halb so stark, wie \(F_{N1}\). Für die Obergrenze der Haftreibung gilt aber: \[ F_{H,max} = \mu_H \cdot F_{N1} = 0.25 \cdot F_{N1} \] Die Obergrenze liegt bei einem Viertel der Normalkraft und die Reibungskraft, die Tris bräuchte ist aber rund doppelt so gross! Tris wird deshalb nicht haften bleiben, sondern durch das Gewicht von Kristina nach vorne rutschen. Sorry, Filmfehler! 😉

    Haftreibung an der schiefen Ebene

    Die Haftreibung \(F_R\) ist gerade so gross, dass sie die Parallelkomponente der Gewichtskraft \(F_{g \parallel}\) aufhebt und wir in paralleler Richtung zur Ebene ein Kräftegleichgewicht erhalten. Senkrecht zur Ebene haben wir bereits Kräftegleichgewicht, da die Normalkraft \(F_N\) die Senkrechtkomponente der Gewichtskraft \(F_{g \perp}\) kompensiert.

    Sollten wir die \(F_{R,max}\) überschritten haben oder wurde der Klotz leicht bewegt, so fällt die Haftreibungskraft weg und wir wechseln zur Gleitreibung. Da der Gleitreibungskoeffizient aber kleiner ist als der Haftreibungskoeffizient (\(\mu_G < \mu_H\)), ist die Reibungskraft nicht mehr in der Lage das Kräftegleichgewicht zu halten. Die resultierende Kraft beschleunigt dann den Klotz den Hang hinunter.

    Wir können dieses theoretisch anmutende Beispiel direkt mit dem Abstellen eines Autos an einer steilen Strasse vergleichen: Die Haftreibung zwischen den Reifen und dem Boden verhindert, dass das Auto wegrutscht.

    Reibungskraft: Haftreibung hält die Autos in den Parkfeldern
    Reibungskraft: Haftreibung hält die Autos in den Parkfeldern https://i1.pickpik.com/photos/532/515/787/california-cars-city-crosswalk-ef97a1e72081c8b81c0b1cc46f33f22d.jpg, CC0

    Wäre die Strasse noch steiler, könnte eventuell die Obergrenze der Haftreibung erreicht werden. In so einem Fall müsste man einen Keil unter das Rad anbringen, um mit der zusätzlichen Normalkraft die zu grosse Parallelkomponente der Gewichtskraft \(F_{g \parallel}\) zu kompensieren.

    Aufgabensammlung

    • Baldwin Street (0107)

      4 Teilaufgaben mit Lösungen (pdf/Video):
      • Haftreibung
      • Kräfte an der schiefen Ebene
      • Reibungskoeffizient

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    • Fahrrad (0077)

      5 Teilaufgaben mit Lösungen (pdf/Video):
      • Haftreibung
      • Gleitreibung
      • Rollreibung

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    • Leiter an der Wand (0152)

      3 Teilaufgaben mit Lösungen (pdf/Video):
      • Kräfte einzeichnen und berechnen
      • Kräfte- und Drehmomentgleichgewicht
      • minimalen Haftreibungskoeffizienten bestimmen

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    • Schwerer Kasten (0106)

      3 Teilaufgaben mit Lösungen (pdf/Video):
      • Haftreibungs- und Gleitreibungskraft
      • Newtons Zweites Gesetz

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    Autor dieses Artikels:

    David John Brunner

    Lehrer für Physik und Mathematik | Mehr erfahren

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