Freier Fall

Das Wichtigste in Kürze

Der freie Fall ist eine gleichförmig beschleunigte Bewegung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass eine konstante Beschleunigung \(a\) herrscht, die genau der Erdbeschleunigung \(g =\) 9.81 \(\frac{\text{m}}{\text{s}^2}\) entspricht.

Die Bewegungsgleichung für den freien Fall mit der Fallstrecke \(s\) aus der Ruhe heraus, ist:

\[ \Delta s = \frac{1}{2}gt^2 \]

Beachtlich ist, dass die Bewegung des freien Falls unabhängig von der Masse, der Form oder der Grösse des Gegenstands ist. Experimente im Vakuum, wo kein Luftwiderstand mehr herrscht, haben gezeigt, dass Objekte jeglicher Grösse und Masse tatsächlich gleich schnell zu Boden fallen.

Videos

  • Physik des Lichts (Free Tutorial)

    Dauer: 12 min 13 s

    → Weitere Videos

    Freier Fall
    Freier Fall, Image by Kamil Pietrzak, shared on Unsplash

    Unabhängigkeit von der Masse

    Galileo Galilei (1564 – 1642) aus Pisa (Italien), einer der wichtigsten Begründer der neuzeitlichen Naturwissenschaft, stellte schon im 17. Jahrhundert die These auf, wonach der freie Fall für alle Körper gleich sein soll, unabhängig von ihrer Masse, ihrer Grösse oder ihrer Form.

    Diese (wahre) Aussage ist umso erstaunlicher, weil wir doch aus Erfahrung wissen, dass ein Stein viel schneller fällt als z.B. eine Vogelfeder. Experimente im Vakuum konnten jedoch zeigen, dass die Unterschiede der Fallgeschwindigkeiten einzig auf den Luftwiderstand zurückzuführen sind. Nimmt man den Luftwiderstand weg, fallen Stein und Feder genau gleich schnell zu Boden.

    Galileo Galilei konnte dieses Experiment selber nicht durchführen. Anlässlich einer Mondmission wurde dieses berühmte Experiment aber sogar auf dem Mond gefilmt. Ein Hammer und eine Feder fielen ohne Luftwiderstand tatsächlich genau gleich schnell.

    Konstante nach unten gerichtete Beschleunigung

    Nachfolgend haben wir ein a-t-Diagramm eines Bungee-Sprungs, d.h. wir haben die Beschleunigung gemessen und sehen, wie sie sich mit der Zeit verändert hat.

    Aufzeichnung der Beschleunigung über Zeit bei einem Bungee-Jump. Auffallend sind die Zeitabschnitte mit freiem Fall (Erdbeschleunigung).
    Aufzeichnung der Beschleunigung über Zeit bei einem Bungee-Jump. Auffallend sind die Zeitabschnitte mit freiem Fall (Erdbeschleunigung).

    Ganz am Anfang steht die Person auf der Sprungplattform, d.h. sie ist in Ruhe und bleibt in Ruhe. Die Geschwindigkeit ändert sich nicht und damit sollten wir eine Beschleunigung von null haben. Das ist in den ersten zwei Sekunden tatsächlich so, wenn wir mal von der Messungenauigkeit absehen, die dazu führt, dass der Verlauf leicht unterhalb des Nullpunktes ist.

    Bei Absprung passiert etwas, wir sehen, wie der Beschleunigungssensor ausschlägt. Es ist an dieser Stelle jetzt nicht so wichtig, welchen Wert er einnimmt. Vielleicht ist die Person leicht nach oben gehüpft.

    Wir sehen dann aber eine kurze Phase bei welcher die Beschleunigung etwa \(-10\,\mathrm{m}/\mathrm{s}^2\) beträgt. Wir müssen auch hier die leichten Schwankungen ignorieren, die durch die Messungenauigkeit entstehen. Die Beschleunigung ist kurze Zeit konstant!

    Dann kommt offenbar wieder eine positive Beschleunigung nach oben. Die Person wird in ihrem Fall stark abgebremst und sogar wieder nach oben geschleudert. Kurz darauf haben wir wieder eine kurze Phase mit einer mehr oder weniger konstanten Beschleunigung von \(-10\,\mathrm{m}/\mathrm{s}^2\).

    Diese konstante Beschleunigung ist die sog. Erdbeschleunigung, die beim freien Fall eintritt. Sie ist immer gleich und sie ist konstant. Eigentlich beträgt sie:

    \[ g = 9.81\,\frac{\mathrm{m}}{\mathrm{s}^2} \]

    Wir haben hier kein negatives Vorzeichen. Das hat aber nur mit der Richtung zu tun. Wir fallen mit einer Beschleunigung von \(9.81\,\mathrm{m}/\mathrm{s}^2\) nach unten. Im obigen Beispiel hatte der Sensor die Beschleunigung nach oben gemessen und deshalb beim freien Fall ein negatives Vorzeichen gesetzt, für die entgegengesetzte Richtung.

    Beispiel

    Wir werfen einen Ball senkrecht nach oben. Zeichne für jede Position im s-t-Diagramm den Geschwindigkeits- und den Beschleunigungsvektor ein.
    Senkrechter Wurf eines Balls über die Zeit
    Senkrechter Wurf eines Balls über die Zeit

    Die Beschleunigung ist die Erdbeschleunigung. Sie ist konstant und beträgt immer \(9.81\,\mathrm{m}/\mathrm{s}^2\) nach unten, d.h. wir können je einen Beschleunigungsvektor mit gleicher Länge einzeichnen. Der Betrag von \(9.81\,\mathrm{m}/\mathrm{s}^2\) wird zur Vereinfachung mit \(g\) abgekürzt.


    Senkrechter Wurf eines Balls über die Zeit: Die anfängliche Geschwindigkeit wird durch die Erdbeschleunigung abgebaut, bis zum kurzzeitigen Stillstand, mit anschliessender Beschleunigung nach unten.
    Senkrechter Wurf eines Balls über die Zeit: Die anfängliche Geschwindigkeit wird durch die Erdbeschleunigung abgebaut, bis zum kurzzeitigen Stillstand, mit anschliessender Beschleunigung nach unten.

    Die Geschwindigkeit ist natürlich nicht konstant. Am Anfang, kurz nach Abschuss, ist sie maximal und nach oben gerichtet. Der Ball wird durch die entgegengesetzte Erdbeschleunigung abgebremst, so dass er ein bisschen später nicht mehr so schnell nach oben fliegt.

    Der Ball wird weiter abgebremst, bis es in der höchsten Position keine vertikale Geschwindigkeit mehr hat. Kurzzeitig ist er in Ruhe. Die Beschleunigung wirkt aber weiter hin mit \(9.81\,\mathrm{m}/\mathrm{s}^2\) nach unten.

    Durch diese Beschleunigung wird der Ball jetzt nach unten beschleunigt, d.h. er baut Geschwindigkeit nach unten auf. Mit zunehmendem Fall, wird der Ball dadurch immer schneller und der Geschwindigkeitsvektor immer länger.

    Bewegungsgleichung für den freien Fall

    Die allgemeinste Bewegungsgleichung mit einer gleichmässigen (d.h. konstanten) Beschleunigung \(a\) lautet:

    \[ s_1 = s_0 + v_0 \Delta t + \frac{1}{2} a \Delta t^2 \qquad \text{(1)} \]

    Wir subtrahieren und ersetzen \((s_1-s_0) = \Delta s\).

    Statt \(s\) bzw. \(\Delta s\) als Höhe können wir auch \(\Delta s\) als Fallstrecke für einen frei fallenden Gegenstand ansehen, d.h. \(s\) und damit auch \(\Delta s\) nimmt beim Fallen immer mehr zu.

    Die Geschwindigkeit des frei fallenden Gegenstands ist auch nach unten gerichtet und somit positiv. Sie nimmt auch immer mehr zu. Der Gegenstand fällt immer schneller, je länger er fällt.

    Schliesslich ist die Beschleunigung konstant positiv, da die Geschwindigkeit ja zunimmt. Die Bewegungsdiagramme ergeben deshalb folgendes Bild:

    Der Betrag der Beschleunigung ist konstant positiv und beträgt: 

    \[ a = g =9.81\frac{\text{m}}{\text{s}^2} \]

    Mit \(g\) bezeichnen wir in der Physik die Erdbeschleunigung, die näherungsweise konstant ist.

    In den meisten Fällen betrachten wir einen Gegenstand, der aus der Ruhe heraus (\(v_0 = 0\)) fallen gelassen wird. Die Fallstrecke \(s\) ist üblicherweise so definiert, dass der oberste Punkt, ab welchem der Gegenstand fallen gelassen wird, mit \(s=0\) definiert wird. Da der Gegenstand von dieser Position aus, seine Bewegung startet, gilt \(s_0=0\). Wir setzen alles in die Bewegungsgleichung (1) ein und erhalten die Bewegungsgleichung für den freien Fall:

    \[ \Delta s = \frac{1}{2}gt^2 \]

    Beispiel

    Du lässt ein Steinchen in einen tiefen Brunnen fallen. Nach genau gemessenen 2.2 Sekunden hörst du, dass der Stein ins Wasser gefallen ist. Wie tief ist der Brunnen bis zur Wasseroberfläche?

    Wir wenden die Bewegungsgleichung für den freien Fall an: \[ s = \frac{1}{2}gt^2 \] Jetzt setzen wir \(t=2.2\;\text{s}\) und \(g=9.81\;\frac{\text{m}}{\text{s}^2}\) ein und erhalten: \[ s = \frac{1}{2} \cdot 9.81\;\frac{\text{m}}{\text{s}^2} \cdot (2.2\;\text{s})^2 = \underline{23.7\;\mathrm{m}} \]

    “Es gäbe keine Möglichkeit festzustellen, ob man sich im Haus oder in einer beschleunigenden Rakete befindet!”

    Einsteins Äquivalenzprinzip

    Wir wissen, dass auf der Erde, z.B. in einem Haus, die Erdbeschleunigung \(g\) herrscht. Alles wird zum Erdmittelpunkt hin beschleunigt, so auch der Ball, den wir loslassen.

    Im Haus (auf der Erde) werden alle Objekte mit der Erdbeschleunigung nach unten beschleunigt.

    Die gleiche Erdbeschleunigung wirkt auf eine Rakete bzw. das Innenleben einer Rakete.

    Wenn diese Rakete selber eine Beschleunigung von \(g\) erzeugen sollte, würden sich beide Beschleunigungen aufheben und die Rakete würde wie ein Helikopter über der Erdoberfläche schweben \((v=0)\). Vielleicht hast du einmal ein Video gesehen von einer Space-X-Rakete, die so landet.

    Wenn die Rakete gleich stark beschleunigt, wie die Erde, schebt sie wie ein Helikopter. Weit weg von der Erde kann sie beschleunigen.

    Bewegt sich die Rakete genug weit weg von der Erde, d.h. wenn sie aus dem Gravitationsfeld der Erde entflohen ist, wird sie bei gleicher Schubkraft tatsächlich schneller \((v \nearrow)\).

    Für die Insassen der Rakete ändert sich aber gar nichts. Ob auf der Erde oder irgendwo im Weltall, ob die Rakete gegenüber der Erde still steht oder im Weltall immer schneller wird – alles fühlt sich an, wie im Haus. Ohne Fenster (und gleich eingerichtet), gäbe es nicht einmal eine Möglichkeit festzustellen, ob man sich im Haus oder in der beschleunigenden Rakete befindet! 🚀

    Im Innern der Rakete herrschen die gleichen Bedingungen, wie in einem Haus auf der Erde

    Albert Einstein (1879 – 1955) ging mit dieser Überlegung noch einen Schritt weiter. Er überlegte, dass in den ersten beiden Bildern die Erde das Referenzsystem ist. Wir haben den Ball, das Haus und die Rakete im Bezug auf die Erde betrachtet.

    Warum sollte die Erde dieses Privileg haben? Nur weil sie viel grösser ist als der Ball, das Haus oder die Rakete? Auch die Erde ist nur ein Objekt in einem viel grösseren Universum.

    Er folgerte: Es gibt kein Referenzsystem, das mehr Berechtigung hat, als alle anderen! Daraus folgt, dass die Erde und die beschleunigende Rakete, beide ein gültiges Referenzsystem sein können. Beide können die Beschleunigung \(g\) erzeugen, d.h. der Effekt der Masse der Erde ist äquivalent mit einer Rakete, die eine Beschleunigung von \(g\) erzeugen kann.

    Die Erde erreicht dies, indem ihre grosse Masse die Raumzeit krümmt, so dass \(g\) entsteht. Die Rakete beschleunigt (im Sinne von Newton) und erzeugt damit den gleichen Effekt. Für den Pfad in der Raumzeit gibt es deshalb keinen Unterschied zwischen der Erde und dieser Rakete! Beide Phänomene sind äquivalent. 😮

    Weitere Videos

    • Freier Fall – In die Luft schiessen (0151)

      15 min 50 s

      Du musst dich hier einloggen, um zum Video zu gelangen.

      Login

      Noch kein Login?

      Jetzt gratis Zugang erhalten
    • Freier Fall – Vulkan (0049)

      14 min 53 s

      Du musst dich hier einloggen, um zum Video zu gelangen.

      Login

      Noch kein Login?

      Jetzt gratis Zugang erhalten
    • Freier Fall – Grösste Vakuumkammer der Welt

      4 min 41 s

      Du musst dich hier einloggen, um zum Video zu gelangen.

      Login

      Noch kein Login?

      Jetzt gratis Zugang erhalten
    • Freier Fall – Hammer und Feder auf dem Mond

      1 min 22 s

      Du musst dich hier einloggen, um zum Video zu gelangen.

      Login

      Noch kein Login?

      Jetzt gratis Zugang erhalten

    Aufgabensammlung

    • In die Luft schiessen (0151)

      2 Teilaufgaben mit Lösungen (pdf/Video):
      • Berechnung der Geschwindigkeit (Bewegungsgleichung)
      • Diskussion der Beschleunigung

      Du musst dich hier einloggen, um zur Aufgabe zu gelangen.

      Login

      Noch kein Login?

      Jetzt gratis Zugang erhalten
    • Vulkan (0049)

      2 Teilaufgaben mit Lösungen (pdf/Video):
      • Freier Fall
      • Geschwindigkeit
      • Fallstrecke

      Du musst dich hier einloggen, um zur Aufgabe zu gelangen.

      Login

      Noch kein Login?

      Jetzt gratis Zugang erhalten

    Lernziele

    • Du kennst die Bewegung des freien Falls als eine mit der Zeit quadratisch zunehmende Fallstrecke.

    • Du weisst auch, dass die Fallgeschwindigkeit unabhängig von der Masse, Grösse und Form des Gegenstands ist, sofern kein Luftwiderstand wirkt.

    • Du kannst die Bewegungsgleichung für den freien Fall aufsetzen und damit einfache Aufgaben des freien Falls lösen.

    Feedback

    Post Feedback Form

    Autor dieses Artikels:

    David John Brunner

    Lehrer für Physik und Mathematik | Mehr erfahren

    publiziert:

    überarbeitet:

    publiziert:

    überarbeitet:

    Frage oder Kommentar?

    Frage/Kommentar?

    Schreib deine Frage / Kommentar hier unten rein. Ich werde sie beantworten.

    Schreibe einen Kommentar

    GRATIS Scripts und Formelsammlungen
    Praktische Hacks lernen…
    …im Hacker-Club!
    Übergeordnetes Thema:
    • Beschleunigung

      Weitere Artikel zu diesem Thema:
      • Bewegungsgleichungen

      • Erdbeschleunigung

      • Beschleunigungs-Zeit-Diagramm (a-t-Diagramm)