Das Wichtigste in Kürze

Wenn eine Funktion aus einem Argument \(x\) den Funktionswert \(y=f(x)\) produziert, dann mach die Umkehrfunktion \(f^{-1}\) genau das Umgekehrte: Sie macht aus dem \(y\) wieder ein \(x\):

\[ f: \quad x \mapsto y=f(x) \qquad \qquad f^{-1}: \quad y \mapsto x=f^{-1}(y) \]

Weil die Umkehrfunktion die umgekehrte Wirkung einer Funktion hat, ist heben sich Funktion und Umkehrfunktion gegenseitig auf:

\[ f\Big( f^{-1}(x)\Big) = x \]

\[ f^{-1}\Big( f(x)\Big) = x \]

Ableitung Umkehrfunktion

Wenn \(g(x)\) die Umkehrfunktion der Funktion \(f(x)\) ist, dann gilt für die Ableitung der Umkehrfunktion:

\[ g'(x) = \frac{1}{f'(g)} \]

Beachte, dass im Nenner \(f'(g)\) die Ableitung nach \(g\) ist und nicht nach \(x\):

\[ f'(g) = \frac{d}{dg}f(g) \]

Die Integration einer Umkehrfunktion \(f^{-1}(x)\) von \(f(x)\) wird wie folgt berechnet:

\[ \int f^{-1}(x) \; dx \]

\[ = \;\; x \cdot f^{-1}(x) – F\Big( f^{-1}(x) \Big) + C \]

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    • Zeigen, dass eine Umkehrfunktion einen Wendepunkt hat (5026-4)

    • Integral einer Umkehrfunktion (5036-4)

    Häufigste Fragen

    Wenn eine Funktion zu jedem Wert von \(x\) einen anderen Funktionswert zuordnet, gibt es keine Probleme, denn dieser Vorgang kann einfach umgekehrt werden.

    Probleme gibt es dann, wenn eine Funktion \(f\) einen bestimmten Funktionswert produziert und dann später wieder zum gleichen Funktionswert zeigt. Beispielsweise hat die Funktion \(f(x)=x^2\) den Funktionswert 4 für \(x=-2\) und später wieder für \(x=2\).

    Die Umkehrung ist jetzt nicht eindeutig, denn wohin soll der Wert 4 zeigen? Zu -2 oder zu +2?

    Wir können solche Fälle erkennen, wenn eine Funktion nicht streng monoton ist.

    Einziger Ausweg ist, den betrachteten Definitionsbereich so einzuschränken, dass die Funktion streng monoton und damit garantiert umkehrbar ist.

    Funktionen, die offensichtlich nicht streng monoton sind, können nur mit Einschränkungen umgekehrt werden.

    Eine konstante Funktion \(f(x) = C\), wobei \(C\) ein konstanter Wert ist, kann gar nicht umgekehrt werden.

    Wenn wir die Funktion ausführen, haben wir den Funktionswert \(C\) und haben jegliche Information darüber verloren, woher wir gekommen sind.

    Alle Funktionen können auf einem streng monotonen Bereich beschränkt, umgekehrt werden.

    Beispiele für bekannte Umkehrfunktionen sind:

    \(\sin(x) \quad \leftrightarrow \quad \arcsin(x)\) (eingeschränkter Bereich)

    \(\cos(x) \quad \leftrightarrow \quad \arccos(x)\) (eingeschränkter Bereich)

    \(\tan(x) \quad \leftrightarrow \quad \arctan(x)\) (eingeschränkter Bereich)

    \(e^x \quad \leftrightarrow \quad \ln(x)\)

    \(x^n \quad \leftrightarrow \quad \sqrt[n]{x}\) (eingeschränkter Bereich für \(n\) gerade)

    Bachte: Die Bezeichnung \(f^{-1}\) ist als Umkehrfunktion von \(f\) zu lesen. Es hat nichts mit einer Potenz oder einem Kehrwert zu tun.

    \[ f^{-1} \neq \frac{1}{f} \]

    Bestimmung einer Umkehrfunktion

    Im Artikel zu den Funktionen habe ich erwähnt, dass ich mir als Schüler damals die Funktionen wie einen Getränkeautomaten vorgestellt habe. Ich werfe eine Münze ein und der Automat (die Funktion) gibt eine Cola-Flasche heraus.

    Nun gibt es zu den meisten Funktionen auch sog. Umkehrfunktionen.

    Eine Funktion ist die Umkehrfunktionen \(f^{-1}\) zur ursprünglichen Funktion \(f\), wenn sie die Aktion der Funktion \(f\) rückgängig macht: In unserer Analogie wäre die Umkehrfunktion ein spezieller Automat, der die Colaflasche annimmt und dafür die ursprüngliche Münze wieder ausgibt!

    Geschrieben wird die Umkehrfunktion mit einem hoch gestellten “-1”.

    \[ f:\;\; x \mapsto y \quad \quad y=f(x) \]

    \[ f^{-1}:\;\; y \mapsto x \quad \quad x = f^{-1}(y) \]

    Achtung Verwechslungsgefahr! Die Notation mit dem Exponenten (-1) hat nichts mit einer Potenz zu tun und darf deshalb auf keinen Fall mit dem Kehrwert verwechselt werden!

    Beachte: Wenn \(f^{-1}\) die Umkehrfunktion von \(f\) ist, dann ist die Funktion \(f\) auch die Umkehrfunktion von \(f^{-1}\).

    Beispiel: Bestimmung einer einfachen Umkehrfunktion

    Gegeben ist die Funktion \(f\)

    \[ f: \;\; x \mapsto (5x+2) \]

    Wie wir leicht nachrechnen können, produziert sie folgende Funktionswerte:

    \[ f(0)=2, \;\; f(1)=7, \;\; f(2)=12 \]

    Finde die Umkehrfunktion von \(f\) und überprüfe dann, dass sie mit den Argumenten \(y=2\), \(y=7\) und \(y=12\) wieder die erwarteten \(x\)-Werte 0, 1 und 2 liefert.

    Wir schreiben zuerst die sog. Funktionsgleichung hin:

    \[ y = 5 \cdot x + 2 \]

    Jetzt lösen wir die Gleichung nach \(x\) auf, d.h. als Erstes subtrahieren wir \(2\).

    \[ y-2 = 5 \cdot x \]

    Jetzt dividieren wir durch \(5\).

    \[ \frac{y-2}{5} = x \]

    Damit haben wir die Umkehrfunktion gefunden:

    \[ x = \underline{f^{-1}(y) = \frac{y-2}{5}} \]

    Wir können nun die Werte \(y=2\), \(y=7\) und \(y=12\) einsetzen und erhalten die Funktionswerte der Umkehrfunktion \(f^{-1}\):

    \[ f^{-1}(2) = \frac{2-2}{5} = \frac{0}{5} = \underline{\;0\;} \]

    \[ f^{-1}(7) = \frac{7-2}{5} = \frac{5}{5} = \underline{\;1\;} \]

    \[ f^{-1}(12) = \frac{12-2}{5} = \frac{10}{5} = \underline{\;2\;} \]

    Tatsächlich haben wir wieder die ursprünglichen \(x\)-Werte erhalten, die wir ursprünglich in die Funktion \(f\) eingegeben hatten.

    Umkehrfunktion von x oder von y?

    Im obigen Beispiel haben wir die Funktion \(f\) als eine Funktion der Variablen \(x\) geschrieben. Die Funktionsgleichung lautete:

    \[ f(x) = 5x+2 \]

    Dann haben wir die Umkehrfunktion ermittelt und sie wie folgt geschrieben:

    \[ f^{-1}(y) = \frac{y-2}{5} \]

    Weil die Funktion \(y=f(x)\) aus einem \(x\) ein \(y\) macht, macht die Umkehrfunktion \(x=f^{-1}(y)\) folglich ein \(y\) aus einem \(y\).

    Da die Umkehrfunktion \(f^{-1}\) selber wieder eine Funktion ist, kann ich die Funktionsvariable (das Argument) auch anders benennen, z.B. mit \(a\) statt mit \(y\):

    \[ f^{-1}(a) = \frac{a-2}{5} \]

    Wir sehen in der obigen Funktionsgleichung, wie unser “Automat” aufgebaut ist und was er mit dem Input macht und daraus den Output generiert.

    Der Name der Variable ist unbedeutend. Wie bei den Funktionen, könnte ich durchaus auch irgendein Symbol \(*\) verwenden. Der mathematische Gehalt ist immer noch der Gleiche:

    \[ f^{-1}(*) = \frac{*-2}{5} \]

    Deshalb kann ich auch statt dem “logischen” \(y\) etwas gemein sein und einfach ein \(x\) einsetzen. Ich weiss: Das wird die Anfänger etwas verwirren…nicht mein Ziel, ehrlich! …Du musst hier den Punkt sehen, dass wir für Funktionen in der Mathematik eben gerne ein \(x\) schreiben, selbst wenn es sich um eine Umkehrfunktion handelt.

    \[ f(x) = 5x+2 \quad \leftrightarrow \quad f^{-1}(x) = \frac{x-2}{5} \]

    “Damit eine Funktion umkehrbar ist, muss sie streng monoton sein.
    Falls sie das nicht immer tut, muss sie auf einen streng monotonen Abschnitt eingeschränkt werden.”

    Ist die Funktion umkehrbar oder nicht?

    Mit Hilfe der Monotonie können wir untersuchen, ob eine Funktion umkehrbar, d.h. ob sie bijektiv ist oder nicht.

    Wenn eine Funktion \(f(x)\) zu jedem Wert von \(x\) einen anderen Funktionswert \(y\) zuordnet, gibt es keine Probleme, denn dieser Vorgang kann einfach umgekehrt werden. Für solche Funktionen wird jeder \(y\)-Wert nur von je einem eindeutigen \(x\)-Wert zugeordnet, also können wir problemlos vom \(y\) wieder zurück zum \(x\) finden. Die Umkehrung ist eindeutig.

    Die Exponentialfunktion \(e^x\) ist mit dem natürlichen Logarithmus \(\ln(x)\) eindeutig umkehrbar. Wir sehen auch am streng monotonen Verlauf der beiden Funktionen, dass jedem \(x\)-Wert nur ein \(y\)-Wert zugeordnet wird.

    Probleme gibt es dann, wenn eine Funktion \(f\) für verschiedene \(x\)-Werte den gleichen \(y\)-Wert ergibt. Die Umkehrung ist dann nicht mehr eindeutig.

    Der Verlauf erreicht ein bestimmtes Niveau und kommt später wieder zum gleichen Funktionswert zurück. Legen wir eine Horizontale auf dieser Höhe, erhalten wir mehr als einen Schnittpunkt für verschiedene \(x\)-Werte.

    Einziger Ausweg ist, den betrachteten Definitionsbereich so einzuschränken – alles wegschneiden, was stört ✂️, so dass die Funktion in diesem Bereich streng monoton und damit garantiert umkehrbar ist.

    Beispiel: Umkehrfunktion des Kosinus

    Schränke den Definitionsbereich so ein, dass die Kosinus-Funktion umkehrbar wird.

    Wenn wir den Verlauf der Kosinus-Funktion anschauen, dann ist dieser definitiv nicht streng monoton, also per se nicht umkehrbar.

    Der Kosinus startet für \(x=0\) bei einem Funktionswert von 1, fällt dann bis auf -1 ab, bevor er wieder nach oben geht.

    Wenn wir uns auf diesen ersten fallenden Teil der Funktion beschränken, d.h. von +1 bis -1, dann haben wir für jede Horizontale garantiert immer nur einen Schnittpunkt und damit einen eindeutigen \(x\)-Wert.

    Der fallende Teil der Kosinus-Funktion besteht für:

    \[ f:\;\;x \mapsto \cos(x) \qquad \big(x \in [0,\pi]\,\big) \]

    Damit beschränken wir uns auf diesen Definitionsbereich \(\boldsymbol{D} = [0,\pi]\). Für die Umkehrfunktion \(\arccos(x)\) gilt dann: \(\boldsymbol{W} = [0,\pi]\).

    Da der Kosinus nur zwischen den Werten -1 und +1 hin- und herschwingt, gilt für die Umkehrfunktion: \(\boldsymbol{D} = [-1,+1]\).

    Tatsächlich ist die Arkuskosinus-Funktion (Verlauf in blau) die Umkehrfunktion der Kosinus-Funktion, eingeschränkt auf den Bereich \(y \in [0,\pi]\).

    Definitionsbereich und Wertebereich

    Wir wissen, dass eine Funktion \(f\) eine Funktionsvariable (Argument) aus dem Definitionsbereich \(\boldsymbol{D}\) einem Funktionswert aus dem Wertebereich \(\boldsymbol{W}\) zuordnet:

    \[ f: \quad \boldsymbol{D} \rightarrow \boldsymbol{W},\;x \mapsto y \]

    Die Umkehrfunktion macht genau das Umgekehrte, d.h. der Wertebereich der Funktion wird zum Definitionsbereich, der Menge, aus welcher der Input kommt. Die Funktionswerte der Umkehrfunktion gehören ihrerseits der Menge des ursprünglichen Definitionsbereichs an.

    \[ f^{-1}: \quad \boldsymbol{W} \rightarrow \boldsymbol{D},\;y \mapsto x \]

    Wir müssen einfach Definitions- und Wertebereich vertauschen.

    Beachte, dass Umkehrfunktionen oft eingeschränkt werden, um als Funktion eine eindeutige Zuordnung zu gewähren. Schau dir zu diesem Zweck das folgende Beispiel an.

    Beispiel: Definitions- und Wertebereich

    Finde die Umkehrfunktion \(f^{-1}\) von \(f\) und vergleiche Definitions- und Wertebereiche beider Funktionen.

    \[ f(x) = \frac{x^2}{4} \]

    Bevor wir die Umkehrfunktion bestimmen, schreiben wir die Definitions- und Wertebereiche für \(f\) auf. Für \(f\) gibt es keine Einschränkungen für die Funktionsvariablen, d.h. alle reellen Zahlen sind erlaubt.

    Die Funktion produziert natürlich nur positive Werte, da \(x\) quadriert wird. Der kleinstmögliche Wert ist null. Somit gilt:

    \[ \boldsymbol{D} = \mathbb{R} \qquad \qquad \boldsymbol{W} = \mathbb{R}^{+} \]

    Jetzt bestimmen wir die Umkehrfunktion. Wir schreiben zuerst die Funktionsgleichung von \(f\) auf:

    \[ y = \frac{x^2}{4} \]

    Als Erstes multiplizieren wir natürlich mit 4

    \[ 4y = x^2 \]

    Jetzt ziehen wir die Quadratwurzel

    \[ \pm 2\sqrt{y} = x \]

    Die beiden Vorzeichen sind nötig, da wir eine Quadratwurzel gezogen haben.

    Damit hätten wir eigentlich die Umkehrfunktion gefunden. Allerdings ist sie noch nicht eindeutig, denn wir müssen uns entscheiden, ob der Funktionswert positiv oder negativ sein soll.

    Wir schränken uns auf positive Werte ein und schreiben die Umkehrfunktion mit der Variablen \(x\):

    \[ \underline{f^{-1}(x) = 2 \cdot \sqrt{x}} \]

    Für diese Umkehrfunktion darf die Funktionsvariable \(x\) nur positive Werte haben, da \(x\) in der Quadratwurzel steht. Andererseits produziert die Quadratwurzel ihrerseits auch ausschliesslich positive Werte. Somit haben wir:

    \[ \boldsymbol{D} = \mathbb{R}^{+} \qquad \qquad \boldsymbol{W} = \mathbb{R}^{+} \]

    Wir sehen, dass der Wertebereich der Umkehrfunktion tatsächlich dem Definitionsbereich der ursprünglichen Funktion entspricht, beide Male \(\mathbb{R^+}\).

    Der Wertebereich der ursprünglichen Funktion war \(\mathbb{R}\) und der Definitionsbereich der Umkehrfunktion aber nur \(\mathbb{R}^{+}\). Die Umkehrfunktion hat einen eingeschränkten Definitionsbereich, wie wir schon weite oben bemerkt haben.

    Ableitung Umkehrfunktion

    Wir betrachten zum Einstieg wieder ein sehr einfaches Beispiel einer Funktion \(f\) und ihrer Umkehrfunktion, die wir \(g\) nennen:

    \[ f(x)=x^2 \;\; \leftrightarrow \;\; g(x)=\sqrt{x} \]

    Die Umkehrung des Quadrierens ist die Quadratwurzel. Gesucht ist hier die Ableitung von \(g(x)=\sqrt{x}\), wobei wir aber einen allgemein gültigen Ausdruck für alle möglichen Umkehrfunktionen suchen. \(g\) hätten wir sonst mit der Potenzregel ableiten können.

    Wenn wir \(x\) quadrieren und dann wieder die Wurzel ziehen, haben wir wieder \(x\). Die Wirkung der Funktion \(f\) wird durch die Umkehrfunktion \(g\) wieder rückgängig gemacht. Das gilt immer und entspricht der eigentlichen Definition der Umkehrfunktion:

    \[ f\Big(\,g(x)\,\Big)=x \]

    Wir leiten jetzt beide Seiten dieser Gleichung nach \(x\) ab. Die linke Seite wird mit Hilfe der Kettenregel abgeleitet: Zuerst die äussere Ableitung \(f'(g) = \frac{d}{dg}f(g)\), dann die innere Ableitung \(g'(x) = \frac{d}{dx}g(x)\):

    \[ \frac{d}{dx}f\Big(\,g(x)\,\Big) = f'(g) \cdot g'(x) \]

    Die Ableitung der rechten Seite ist ganz einfach:

    \[ \frac{d}{dx}x = 1 \]

    Wir erhalten somit einen Ausdruck für die Ableitung \(g'(x)\) der Umkehrfunktion:

    \[ f'(g) \cdot g'(x) = 1 \]

    \[ g'(x) = \frac{1}{f'(g)} \]

    Wir bestimmen jetzt mit Hilfe dieses Ausdrucks die Ableitung der Quadratwurzel:

    \[ f(x) = x^2 \;\; \rightarrow \;\; f'(x)=2x \]

    \[ g(x) = \sqrt{x} \;\; \rightarrow \;\; g'(x) = \frac{1}{f'(g)} = \frac{1}{2g} \]

    \[ = \frac{1}{2\sqrt{x}} = \frac{1}{2}x^{-\frac{1}{2}} \]

    \[ g'(x) = \frac{1}{2\sqrt{x}} \]

    Das ist tatsächlich auch die Ableitung, die wir mit der Potenzregel erhalten hätten.

    Beispiel: Ableitung des Logarithmus

    Finde die erste Ableitung von \(\ln(x)\).

    Der natürliche Logarithmus \(\ln(x)\) ist die Umkehrfunktion der Exponentialfunktion \(e^x\). Wir schreiben deshalb:

    \[ f(x) = e^x \qquad \rightarrow \qquad f'(x)=e^x \]

    \[ g(x) = \ln{x} \qquad \rightarrow \qquad g'(x) = \frac{1}{f'(g)} = \frac{1}{e^{g}} = \frac{1}{e^{\ln(x)}} \]

    Wir benutzen jetzt \(e^{\ln(x)} = x\), da die Exponentialfunktion die Umkehrfunktion des natürlichen Logarithmus ist (und umgekehrt). Somit erhalten wir schliesslich: 

    \[ \frac{d}{dx}\ln(x) = g'(x) = \underline{ \frac{1}{x} } \]

    Beispiel: Ableitung der Arkustangensfunktion

    Finde die erste Ableitung von \(\arctan(x)\).

    Wir setzen \(g(x)=\arctan(x)\) und ermitteln für die (einfachere) Umkehrfunktion \(f\) die erste Ableitung:

    \[ f(x) = \tan(x) \qquad \rightarrow \qquad f'(x)=\frac{1}{\cos^2{x}} \]

    Da wir im Nenner das Argument \(g\) in die erste Ableitung von \(f\) einsetzen müssen, wir das zu \(\cos(\arctan\big(x)\big)\), was nicht besonders praktisch ist. Deshalb müssen wir den Kosinus durch den Tangens ausdrücken oder umgekehrt.

    \[ \tan(x) = \frac{\sin(x)}{\cos(x)} \]

    Den Sinus können wir mit der Eigenschaft \(\sin^2(x)+\cos^2(x)=1\) durch einen Ausdruck mit dem Kosinus ersetzen:

    \[ \sin(x) = \sqrt{1-\cos^2(x)} \]

    So erhalten wir:

    \[ \tan(x) = \frac{\sqrt{1-\cos^2(x)}}{\cos(x)} \]

    \[ = \sqrt{\frac{{1-\cos^2(x)}}{\cos^2(x)}} = \sqrt{\frac{1}{\cos^2(x)}-1} \]

    Wie quadrieren und addieren 1:

    \[ \frac{1}{\cos^2(x)} = \tan^2(x) + 1 \]

    Jetzt sind wir bereit. Wir stellen den Ausdruck für die Ableitung der Umkehrfunktion \(g\) auf:

    \[ g'(x) = \frac{1}{f'(g)} = \frac{1}{\;\;\frac{1}{\cos^2(g)}\;\;} \]

    \[ = \frac{1}{\tan^2(g) + 1} = \frac{1}{\tan^2\big(\arctan(x)\big) + 1} \]

    Wir benutzen \(\tan\big(\arctan(x)\big) = x\) und erhalten so die Ableitung des Arcustangens:

    \[ \frac{d}{dx}\arctan(x) = g'(x) = \underline{\frac{1}{x^2 + 1}} \]

    Integral Umkehrfunktion

    Für das Integral einer Umkehrfunktion \(f^{-1}(x)\) benutzen wir die Methode der Substitution. Wir ersetzen die Umkehrfunktion mit \(u(x)=f^{-1}(x)\):

    \[ \int f^{-1}(x) \; dx = \int u(x) \; dx \]

    Wir können das Integral so aber noch nicht lösen, denn die Integrationsvariable ist immer noch \(dx\). Aus \(u(x) = f^{-1}(x)\) folgt die Umkehrung:

    \[ f(u) = f\big( f^{-1}(x) \big) = x \]

    Wir benutzen den Physikertrick und leiten die obige Gleichung nach irgendeiner Variablen z.B. \(t\) ab.

    \[ \frac{df(u)}{dt} = \frac{dx}{dt} \]

    Dann multiplizieren wir alles mit \(dt\) und erhalten einen Ausdruck mit welchem wir \(dx\) ersetzen können:

    \[ df(u) = dx \]

    Das setzen wir in das obige Integral ein:

    \[ \int u(x) \; dx = \int u \; df(u) \]

    Nun nehmen wir die partielle Integration zur Hand. Natürlich wählen wir \(u\) als die abzuleitende Teilfunktion und \(df(u)\) als die zu integrierende Teilfunktion. Sie lässt sich sehr einfach integrieren, denn sie ist ja eine Art Ableitung, d.h.

    \[ \int df(u) = f(u) \]

    Wir führen die partielle Integration nach \(u\) aus:

    \[ \int u \; df(u)= \int \underset{\downarrow}{u} \; \underset{\uparrow}{df(u)} = u \cdot f(u) – \int u’ \cdot f(u) \]

    Die abgeleitete Teilfunktion \(u’\) ist die Ableitung von \(u\) nach \(u\), d.h. \(\frac{du}{du} = 1\). Für das Integral am Schluss haben wir somit:

    \[ \int 1 \cdot f(u) = \int f(u) = F(u) \]

    Das Integral der Funktion \(f\) ist ihre Stammfunktion \(F\). Wir haben somit für unsere partielle Integration:

    \[ = u \cdot f(u) – F(u) \]

    Schliesslich machen wir die Substitution \(u(x) = f^{-1}(x)\) wieder rückgängig:

    \[ = f^{-1}(x) \cdot \underbrace{f\Big( f^{-1}(x) \Big)}_{x} – F\Big( f^{-1}(x) \Big) \]

    So erhalten wir die Lösung für das Integral einer Umkehrfunktion:

    \[ \int f^{-1}(x) \; dx \;\; = \;\; x \cdot f^{-1}(x) – F\Big( f^{-1}(x) \Big) \]

    Beispiel: Integral von arcsin(x)

    Berechne das folgende Integral:

    \[ \int_0^1 \arcsin(x) \; dx \]

    Die zu integrierende Funktion ist die Umkehrfunktion der Sinus-Funktion:

    \[ f(x) = \sin(x) \quad \leftrightarrow \quad f^{-1}(x) = \arcsin(x) \]

    Jetzt wo wir \(f(x)\) haben, können wir auch die Stammfunktion \(F(x)\) hinschreiben.

    \[ f(x) = \sin(x) \]

    \[ \rightarrow \quad F(x) = \int f(x) \; dx = -\cos(x) \]

    Jetzt benutzen wir die Formel und setzen alles ein:

    \[ \int \arcsin(x) \; dx = \int f^{-1}(x) \; dx \]

    \[ = x \cdot f^{-1}(x) – F\Big( f^{-1}(x) \Big) \]

    \[ = x \cdot \arcsin(x) – \Big( -\cos\big( \arcsin(x) \big) \Big) \]

    Die Kosinus-Funktion braucht noch etwas Arbeit. Wir substituieren dazu den Arkussinus: \(y=\arcsin(x)\)

    \[ -\cos \big( \arcsin(x) \big) = -\cos(y) \]

    Aus der Substitution folgt für \(x\):

    \[ y=\arcsin(x) \quad \rightarrow \quad x=\sin(y) \]

    Wir benutzen die Identität \(\sin^2(x) + \cos^2(x) = 1\) und ersetzen den Sinus mit dem Kosinus:

    \[ x = \sin(y) = \sqrt{1-\cos^2(y)} \]

    \[ x^2 = \big( 1-\cos^2(y) \big) \]

    \[ \cos^2(y) = 1-x^2 \]

    \[ \cos(y) = \sqrt{1-x^2} \]

    Wir haben somit einen einfachen Ausdruck gefunden:

    \[ -\cos \big( \arcsin(x) \big) = -\cos(y) \]

    \[ = -\sqrt{1-x^2} \]

    Das ergibt die Lösung für das unbestimmte Integral des Arkussinus:

    \[ \int \arcsin(x) \; dx \]

    \[ = x \cdot \arcsin(x) – \big( -\sqrt{1-x^2} \big) + C \]

    Wir setzen jetzt die Integrationsgrenzen ein:

    \[ \int_0^1 \arcsin(x) \; dx = \Big[\; x \arcsin(x) + \sqrt{1-x^2} \; \Big]_0^1 \]

    \[ \Big(1 \cdot \arcsin(1) + \sqrt{1-1^2} \Big) – \Big(0 \cdot \arcsin(0) + \sqrt{1-0^2} \Big)\]

    \[ = \frac{\pi}{2} + 0 – 0 – 1 = \underline{\frac{\pi}{2} – 1} \]

    Aufgabensammlung

    • Anwendungen der Differentialrechnung (5026) – Aufg. 4

      1 Aufgabe (pdf/Video-Lösung):
      Zeigen, dass eine Umkehrfunktion einen Wendepunkt hat

      zur Aufgabe
    • Funktionen und Umkehrfunktionen (5062) – Aufg. 6

      3 Teilaufgaben (pdf/Video-Lösung):
      Umkehrfunktion und Definitions-/Wertebereich

      zur Aufgabe
    • Integrationsmethoden (5036) – Aufg. 4

      1 Aufgabe (pdf/Video-Lösung):
      Integral einer Umkehrfunktion

      zur Aufgabe

    Lernziele

    • Du weisst, was eine Umkehrfunktion ist, wie sie notiert wird und wie ihre Funktionsgleichung ermittelt wird.
    • Du weisst, dass im Normalfall die Umkehrfunktion als Definitionsbereich den Wertebereich der ursprünglichen Funktion hat. Zudem ist der Wertebereich der Umkehrfunktion gleich dem Definitionsbereich der ursprünglichen Funktion.
    • Du weisst, dass das Kriterium für die Umkehrung einer Funktion die strenge Monotonie ist und kannst dies in eigenen Worten erklären
    • Du weisst auch, dass für die Eindeutigkeit der Umkehrfunktion die Definitions- und Wertebereiche oft eingeschränkt sind.
    • Du kannst Umkehrfunktionen ableiten.
    • Du kannst Umkehrfunktionen integrieren.

    Weitere Links

    Umkehrfunktion (Wikipedia)

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    Autor dieses Artikels:

    David John Brunner

    Lehrer für Physik und Mathematik | Mehr erfahren

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