Wellenausbreitung
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Eine typische Eigenschaft von Wellen ist ihre Art der Ausbreitung. Die Art und Weise, wie sich Wellen ausbreiten, ist allen Wellen gemeinsam, egal ob wir von Schallwellen, Lichtwellen oder Erdbebenwellen reden.

Die Ausbreitungsgeschwindigkeit ist zwar bei diesen verschiedenen Beispielen unterschiedlich gross, bleibt für eine Wellenart aber fast eine Konstante. Ich sage fast, denn sie hängt z.B. vom Material ab, in welchem sich die Welle fortbewegt oder von der Temperatur. Abgesehen davon, können wir sie aber als eine konstante Grösse betrachten.

Beispielsweise breitet sich Schall, unabhängig davon, ob es sich jetzt um Musik, Sprache oder um einen Knall handelt, immer mit 343 m/s. Die Schallgeschwindigkeit ist zwar leicht druck- und temperaturabhängig, aber der Wert bleibt in dieser Grössenordnung.

Dimensionen der Ausbreitung

In den meisten Fällen steht den Wellen für ihre Ausbreitung der ganze Raum zur Verfügung. Ein punktförmiges Ereignis wird Wellen auslösen, die sich in allen Richtung mit gleicher Geschwindigkeit ausbreiten. Nach einer kurzen Zeitperiode ist eine Wellenfront in alle Richtung losgegangen und ist aber überall gleich weit gekommen. Sie bildet deshalb eine Kugel und wir sprechen von einer Kugelwelle.

Ist der “Raum” für die Ausbreitung nur zweidimensional, z.B. bei einer Oberflächenwelle, so breitet sich diese Welle in Kreisen aus.

In einem eindimensionalen Raum, z.B. für eine Seilwelle oder für eine Welle auf einer Saite, stehen nur zwei Richtungen zur Verfügung. Die Welle wird von ihrem Ursprung aus sich in beiden Richtungen fortbewegen.

Wellenausbreitung in verschiedenen Dimensionen
Wellen breiten sich im dreidimensionalen Raum (3-D) als Kugelwellen aus. Im zweidimensionalem Raum (2-D), z.B. auf Oberflächen, breiten sich Wellen als Kreise aus. Im eindimensionalen Raum (1-D) verläuft die Welle analog nach links und nach rechts.

Reflexion

Die Reflexion assoziieren wir meistens mit Licht (z.B. Spiegel, Wasseroberfläche). Sie ist aber eine typische Welleneigenschaft, die wir bei allen Wellenarten beobachten können. Somit gilt das Reflexionsgesetz auch bei Wasserwellen und Erdbebenwellen!

Reflexion (Wellenausbreitung)
Reflexion ist eine typische Eigenschaft von Wellen.

Brechung

Auch die Brechung ist v.a. im Zusammenhang mit der Lichtbrechung bekannt. Sie entsteht an einer Grenzfläche zweier Materialien, die sich durch unterschiedlich grosse Wellengeschwindigkeiten unterscheiden.

Im unteren Bild sehen wir die Brechung einer Welle, die in ein blaues Medium eintrifft, in welchem die Wellenkämme näher zusammen angeordnet sind. Die Wellenlänge ist im blauen Medium kürzer (engere Abstände der Wellenkämme).

Weil die Frequenz der Welle in beiden Medien gleich sein muss, entsteht ein Richtungswechsel der Wellenkämme, die wir als Brechung kennen.

Brechung (Wellenausbreitung)
Brechung ist eine typische Eigenschaft von Wellen, die entsteht, wenn in einem Medium die Wellengeschwindigkeit grösser als im anderen Medium ist.

Totalreflexion

Wer Brechung sagt, muss auch Totalreflexion sagen, denn eine Welle in einem “langsamen Medium” wird ab einem gewissen Winkel nicht mehr aus dem Medium ausbrechen können, wenn der Brechungswinkel 90° oder mehr beträgt. In diesem Fall bleibt die Welle im Medium eingeschlossen und sie reflektiert an der Grenzfläche, obwohl diese eine Übertragung auf das andere Medium grundsätzlich erlauben würde.

Totalreflexion (Wellenausbreitung)
Totalreflexion tritt dann auf, wenn die Welle im langsameren Medium einen zu grossen Einfallswinkel hat, als dass die Welle mit Brechung in das schnellere Medium austreten könnte.

Linsen und Brennpunkte

Es tönt schon fast verrückt, aber wenn die Brechung eine Welleneigenschaft ist, dann können wir auch für andere Wellenarten Sammel- und Streulinsen ausdenken! Zudem besteht die Möglichkeit die von der Welle transportierte Energie in einem Brennpunkt zu konzentrieren! Wir könnten zum Beispiel Oberflächenwasserwellen in einem Punkt konzentrieren, was lokal zu einer Art kleiner Springbrunnen führt!

Linsen (Wellenausbreitung)
Mit Hilfe von Linsen wird das Brechungsverhalten von Wellen so ausgenutzt, dass sie in einen Brennpunkt verlaufen und von dort wieder als Kugelwellen austreten.

Prinzip von Huygens

Der niederländische Physiker, Mathematiker, Astronom und Erfinder Christiaan Huygens (1629-1695) (sprich aus: “Heuchens”) stellte ein Modell auf, das heute noch für das Verständnis der Wellenausbreitung verwendet wird. Es ist streng genommen nicht ganz korrekt, aber welches Modell ist schon perfekt? Ausserdem sind die Resultate, die mit diesem Modell erreicht werden, sehr gut und sehr einleuchtend.

Das Modell wird auch Modell der elementaren Kugelwellen genannt. Wir stellen uns unter einer ebenen Welle eine Aneinanderreihung von vielen kleinen, aneinander gereihten Kugelwellen vor. Eigentlich würden diese Wellen in alle Richtungen verlaufen, aber vieles würde sich gegenseitig auslöschen. Im Wesentlichen würden diese Kugelwellen eine Umhüllende bilden, die in diesem Fall eine gerade Linie ist, eben die Front einer ebenen Welle.

Interessant wird es, wenn diese ebene Welle auf Hindernisse stösst. Wir nehmen mal vereinfachend an, dass es keine Reflexionen gibt. Dann würde die ebene Welle von den Hindernissen absorbiert werden und zwischen ihnen könnte sie sich ungestört weiter fortpflanzen.

Wellenausbreitung (Huygens'sche Kugelwellen)
Mit Hilfe von kleinen Kugelwellen lässt sich die Wellenausbreitung nach dieser Öffnung beschreiben: Ein Teil der ebenen Welle pflanzt sich als ebene Welle fort. Zusätzlich breiten sich Kugelwellen am Rand fort.

Am Austritt geht diese ebene Welle ungestört weiter. An ihrem Rand findet sich aber eine elementare Kugelwelle, die nur auf der einen Seite Nachbarn hat. Auf der anderen Seite breitet sie sich als Kugelwelle aus.

Analog sieht der Fall aus, wenn die Welle auf ein einzelnes Hindernis stösst. An beiden Seiten des Hindernisses führt die ebene Welle vorbei. Hinter dem Hindernis werden aber zwei Kugelwellen “sichtbar”, weil auf der einen Seite keine Elementarkugeln da sind, so dass die Umhüllende dort Viertelkreise bildet, statt der ebenen Wellenfront.

Autor dieses Artikels:

David John Brunner

Lehrer für Physik und Mathematik | Mehr erfahren

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