Das Wichtigste in Kürze

Das menschliche Auge ist eine kleine kugelförmige Dunkelkammer, gefüllt mit einem transparenten Material. Die Iris deckt die lichtdurchlässige Seite des Auges ab und lässt Licht durch ein Loch (Pupille) rein. Je nach Grösse der Pupille wird mehr oder weniger Licht ins Auge gelassen, um das Auge an die Helligkeitsverhältnisse anzupassen.

Die Lichtstrahlen werden v.a. in der Augenlinse gebrochen, so dass auf der hinteren Innenseite des Auges, auf der Netzhaut, ein scharfes Bild entsteht. Die Augenlinse ist eine Sammellinse, die im Auge ein umgekehrtes, reelles Bild erzeugt.

Weil die Bildweite $b$, d.h. der Abstand von der Augenlinse bis zur Netzhaut nicht verändert werden kann und Gegenstände trotzdem in verschiedenen Abständen gesehen werden sollten (variierende Gegenstandsweiten $g$), muss die Augenlinse ihre Brennweite $f$ verändern können, so dass die Linsengleichung erfüllt ist:

\[ \frac{1}{f} = \frac{1}{b} + \frac{1}{g} \]

Die sog. Zonulafasern, die ringförmig um die Augenlinse angeordnet sind, ziehen die Linse flach, wenn der ringförmige Ziliarmuskel entspannt ist. Spannt sich der Muskel an, verringert sich der Abstand zur Linse, die Fasern entspannen sich und die elastische Linse nimmt ihre natürliche, bauchige Form an, so dass die Brennweite kleiner wird.

Kann die Augenlinse ihre Brennweite nicht genügend anpassen, entsteht ein Bild nicht genau auf der Netzhaut, sondern vor ihr (Kurzsichtigkeit) oder theoretisch hinter ihr (Weitsichtigkeit), so dass das Gesehene unscharf ist.

Häufigste Fragen

Lichtstrahlen, d.h. elektromagnetische Wellen, können durch die Pupille in den sonst vom Aussenschicht abgeschirmten Innenraum des Auges gelangen. Die Iris regelt die Grösse der Pupille und damit die Lichtmenge, die ins Auge eintreten kann. Damit wird sichergestellt, dass die Netzhaut immer etwa gleich viel Licht abbekommt.

Das Auge ist mit einer transparenten Substanz gefüllt, d.h. einem Stoff, der mit den Lichtstrahlen nicht interagiert und sie somit nicht absorbiert.

Auf der Netzhaut (Retina) treffen die Lichtstrahlen bzw. Photonen auf die lichtempfindlichen Zellen, die die Energie der Lichtstrahlen in einen Nervenimpuls umwandeln. Dieser Impuls wird zum Hirn geleitet.

Die Vielzahl der Lichtstrahlen ergeben auf der Netzhaut ein umgekehrtes, reelles Bild, indem Lichtstrahlen, die zum gleichen Gegenstandspunkt, auch beim gleichen Bildpunkt auf der Retina zusammentreffen. Je genauer diese Lichtstrahlen zusammentreffen, desto schärfer ist das Bild. Die flexible Linse passt ihre Brennweite so an, dass die Bildweite dem Abstand Linse zu Netzhaut entspricht und das Bild genau auf der Netzhaut entsteht.

Das Bild im Auge ist ein umgekehrtes reelles Bild, erzeugt durch eine Sammellinse. Es steht tatsächlich auf dem Kopf.

Von diesem Bild wird an jeder Stelle, wo eine Stäbchen- oder eine Zapfenzelle in der Netzhaut ist, ein Nervenimpuls an das Gehirn geschickt.

Diese photosensitiven Zellen sind quasi die “Pixel” unserer Augen. Eine höhere Auflösung als die Auflösung unserer Netzhaut (Retina) können wir nie erreichen.

Das Gehirn erhält nun diese Vielzahl von Signalen und interpretiert diese, so wie wir es seit unserer Geburt gelernt haben. Der Eindruck unserer Umwelt basiert auf dem umgekehrten Bild im Auge – daran haben wir uns gewöhnt und wir kennen es nicht anders.

Dem Gehirn ist es egal, welche Ausrichtung das Bild im Auge hat. Wir sind uns einfach gewohnt, dass Signale in der unteren Hälfte des Auges dem “oben” in unserer Umwelt entsprechen (und umgekehrt).

Wenn das Bild genau auf die Netzhaut fällt, haben wir die Lichtstrahlen unserer Umgebung, die auf der Netzhaut wieder zusammenkommen. Lichtstrahlen, die vom gleichen Punkt des Gegenstands herrühren, treffen am gleichen Punkt auf der Netzhaut auf und erzeugen den Bildpunkt.

Sehen wir z.B. einen hellen Stern am Himmel, so fallen die Lichtstrahlen dieses Sterns über verschiedene Wege zusammen auf die Netzhaut an einem Ort und erzeugen einen hellen Bildpunkt.

Bei der Konstruktion der Bilder einer Sammellinse zeichnen wir jeweils nur zwei Strahlen und erhalten den Bildpunkt, dort wo sich zwei zusammengehörende Strahlen sich wieder kreuzen.

Der helle Bildpunkt auf der Netzhaut erzeugt einen Nervenimpuls und das Hirn interpretiert dies als “Ich sehe einen hellen Punkt an dieser Stelle – ah…ein Stern!” ????

Wenn zusammengehörende Strahlen an verschiedenen Orten auf der Netzhaut auftreffen, entsteht für uns eher ein verschmierter Fleck statt einem scharfen Punkt.

Menschliches Auge
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Aufbau des Auges

Aufbau des Auges
Aufbau des Auges: Die Pupille entspricht der Öffnung in der Iris.

Das Auge ist eine durchsichtige Kugel (Glaskörper), die mit einer lichtundurchlässigen Haut abgeschlossen ist, ausser vorne, wo die durchsichtige Hornhaut Licht passieren lässt. Die Lichtstrahlen, die wir sehen, verlaufen durch die vordere Augenkammer, bevor sie durch die Öffnung in der Iris (Pupille) in den Glaskörper gelangen.

“Im blinden Fleck sehen wir nichts – dafür sehen wir im sog. gelben Fleck besonders gut!”

Auf der hinteren Innenseite des Auges trifft das Licht auf die Netzhaut. Sie enthält viele lichtempfindliche Zellen, die das “gesehene” Licht in Nervensignale umwandeln. Diese Signale gehen über den Sehnerv zum Gehirn.

Zwei besondere Punkte auf der Netzhaut zeichnen sich aus:

  • Der blinde Fleck enthält keine Nervenzellen, da an diesem Ort die vielen Nervenbahnen aus dem Auge ans Gehirn führen.
  • Der gelbe Fleck liegt im Zentrum unseres Sichtfelds und enthält besonders viele Sinneszellen. Dort sehen wir besonders gut und mit grosser Auflösung (besonders scharf).

Die Lichtstrahlen, die bis zur Netzhaut gelangen, werden an allen Übergängen von einem transparenten Material zum Nächsten leicht gebrochen.

Eine Verkrümmung der Hornhaut bricht das Licht in unerwünschter Art und muss deshalb möglicherweise mit einer Brille korrigiert werden.

Am stärksten bricht aber die Augenlinse. Aus physikalischer Sicht ist für uns die Augenlinse von besonderem Interesse. Zur Vereinfachung werden wir deshalb die Brechung an den anderen Teilen des Auges ignorieren.

Hell/dunkel – Funktion der Iris

Von der Lochkamera (Camera Obscura) wissen wir, dass ein grösseres Loch mehr Licht reinlässt und das Bild heller macht.

Beim Auge ist das genau gleich. Mit der Iris kann das Auge die Grösse des “Lochs”, wie eine Blende verändern. Das Loch ist natürlich die Pupille. Bei sehr heller Umgebung verdeckt die Iris ringförmig einen grösseren Teil der Linse und macht, dass die Pupille kleiner wird. Auf diese Weise verhindert sie, dass zu viel Licht ins Auge eintritt.

Bei sehr schwachen Lichtverhältnissen macht die Iris die Pupille wieder gross, lässt mehr Licht rein, so dass wir insgesamt lichtempfindlicher werden.

“Damit wir nahe und ferne Gegenstände scharf sehen können, muss die Linse elastisch sein und eine variable Brennweite haben!”

Anpassung der Brennweite – flexible Linse

Das Auge hat eine flexible Linse, die mal flacher und mal bauchiger sein kann. Den Grund dafür können wir mit Hilfe der Linsengleichung verstehen:

\[ \frac{1}{f} = \frac{1}{b} + \frac{1}{g} \]

Der Kehrwert der Brennweite \(f\) ist gleich der Summe der beiden Kehrwerte von Bildweite \(b\) und Gegenstandsweite \(g\):

  • Gegenstandsweite = Abstand des betrachteten Gegenstands zur Linsenebene
  • Bildweite = Abstand des scharfen Bilds zur Linsenebene
  • Brennweite = Abstand des Brennpunkts von der Linse (Linsenebene)

Die Gegenstandsweite variiert die ganze Zeit: Mal schauen wir in die Ferne, dann wieder aufs Telefon, dann ein paar Meter weg…d.h. der Kehrwert \(\frac{1}{g}\) auf der rechten Seite der Linsengleichung geht betragsmässig hoch und runter.

Auge (normale Sicht)
Bei der normalen Sicht wird die Brennweite der Augenlinse so eingestellt, dass die Bildpunkte des betrachteten Gegenstands auf der Netzhaut zu liegen kommen. Dadurch entsteht ein scharfes Bild.

Die Bildweite ist fix. Warum ist das so? Das scharfe Bild muss auf der Netzhaut zu liegen kommen, damit die photosensitiven Zellen der Netzhaut ein scharfes Bild erhalten. Die Netzhaut hat immer den gleichen Abstand zur Linse und somit ist \(b\) konstant und damit auch der Kehrwert \(\frac{1}{b}\).

Jetzt haben wir die rechte Seite der Gleichung: Sie variiert mit wechselnder Gegenstandsweite.

Die linke Seite der Gleichung muss mitziehen und ebenfalls variabel sein, sonst wäre die Linsengleichung nicht mehr erfüllt. Variable linke Seite der Linsengleichung bedeutet direkt, dass eine variable Brennweite \(f\) ein Muss ist! ????

Damit die Linse ihre Brennweite verändern kann, muss sie elastisch sein:

  • bauchige Linse = Linse mit kleiner Brennweite
  • flache Linse = Linse mit grosser Brennweite

Einstellen der Brennweite mit dem Ziliarmuskel

Um die Augenlinse herum liegt der ringförmige Ziliarmuskel. Über die sog. Zonulafasern zieht er die Augenlinse mehr oder weniger stark auseinander.

Wenn der Ziliarmuskel entspannt ist, ziehen die Zonulafasern an der Linse, so dass diese sehr flach wird. Diese Linsenform brauchen wir für die Weitsicht.

Wir müssen uns das so vorstellen: Die Linse ist “zu klein”. Sie ist fixiert an den Fasern. Der Ring des Muskels ist “zu gross”. Die Fasern sind wegen der “unpassenden Grössen” gespannt, obwohl der Muskel nichts tut.

Ziliarmuskel und Augenlinse bei der Fernsicht
Der Ziliarmuskel entspannt sich, so dass die Zonulafasern gespannt werden und die Linse auseinander ziehen. Dadurch wird die Augenlinse flacher und hat eine längere Brennweite für die Fernsicht.

Zieht sich der Muskel zusammen, verkleinert sich der Ring um die Linse herum und die Fasern entspannen sich. Die Augenlinse kann ihre natürliche, kugelige Form einnehmen.

Diese Form hat sie, wenn wir einen Gegenstand besonders nahe betrachten. Im Gegensatz zur Fernsicht, ist die Nahsicht “anstrengend”.

Ziliarmuskel und Augenlinse bei der Nahsicht
Der Ziliarmuskel zieht sich zusammen, so dass die Zonulafasern locker werden und die Linse sich zusammenziehen kann. Dadurch wird die Augenlinse bauchiger und hat eine kurze Brennweite für die Nahsicht.

Schauen wir uns an, wie die Linse durch Änderung ihrer Brennweite eine variable Gegenstandsweite abfängt:

Zuerst betrachten wir einen weiten Gegenstand mit gut angepasster Brennweite. Der Bildpunkt der Gegenstandsspitze wird auf der Netzhaut abgebildet und wir sehen den Gegenstand deshalb scharf.

Auge mit richtiger Brennweite (normale Sicht)
Die Augenlinse hat für diesen weiten Gegenstand die richtige Brennweite, so dass der Bildpunkt auf der Netzhaut zu liegen kommt und ein scharfes Bild entsteht.

Rücken wir den Gegenstand näher ran, ohne dass wir die Brennweite der Augenlinse verändern, wird das Bild unscharf.

Die Lichtstrahlen, die von der Gegenstandsspitze her rühren, kommen auf der Netzhaut an, jedoch nicht am gleichen Ort. Dadurch wird die Spitze des Gegenstands auf verschiedene Orte “verschmiert” und wird sehen einen unscharfen Bildfleck, statt einem scharfen Bildpunkt.

Wenn wir die Lichtstrahlen verlängern, sehen wir, dass sie sehr wohl zu einem scharfen Bildpunkt zusammenfinden würden, jedoch erst weiter hinten, wo sie aber nicht mehr hinkommen.

Auge mit falscher Brennweite (unscharfes Bild)
Ist die Brennweite für den etwas näheren Gegenstand zu gross eingestellt, würde der Bildpunkt hinter der Netzhaut liegen. Das Bild ist unscharf.

Um dies zu korrigieren, müssen die Lichtstrahlen von der Augenlinse stärker gebrochen werden. Sie sollte eine kleinere Brennweite haben bzw. “bauchiger” werden.

Mit der Linsengleichung argumentiert, sieht das wie folgt aus:

\[ \frac{1}{f} = \frac{1}{b} + \frac{1}{g} \]

Mit näher heranrückendem Gegenstand wird \(g\) kleiner, d.h. \(\frac{1}{g}\) wird grösser. Der Kehrwert von \(b\) ist unverändert geblieben. Die rechte Seite der Linsengleichung ist grösser geworden.

Wenn die rechte Seite der Gleichung grösser geworden ist, muss nun auch die linke Seite grösser werden, d.h. \(\frac{1}{f}\) grösser oder \(f\) kleiner: Wir brauchen eine verkleinerte Brennweite \(f\)!

Wir ziehen den Ziliarmuskel etwas an, der Ring verkleinert sich um die Linse herum und die Fasern werden leicht entspannt. Die Linse kann sich leicht zusammenziehen und “bauchiger” werden und damit ihre Brennweite verkürzen.

Jetzt werden die Strahlen stärker “gesammelt”. Sie treffen sich im Bildpunkt, der näher zur Linse rückt und jetzt auf die Netzhaut zu liegen kommt. Wir haben wieder ein scharfes Bild des herangerückten Gegenstands.

Auge mit richtiger Brennweite (scharfes Bild)
Wird die Brennweite für den etwas näheren Gegenstand etwas verkürzt, liegt der Bildpunkt jetzt auf der Netzhaut. Das Bild ist scharf.

Fehlsichtigkeiten

Wir wissen jetzt, wie das Auge die Brennweite seiner Linse verstellen kann und somit in allen Situationen, d.h. für alle möglichen Gegenstandsweiten \(g\), ein scharfes Bild auf der Netzhaut hinkriegt.

Manchmal klappt das aber nicht wie gewünscht. Kann die Brennweite der Linse nicht passend eingestellt werden, leidet der betroffene Mensch unter einer der folgenden Fehlsichtigkeiten, die unter dem entsprechenden Link näher beschrieben werden:

  • Kurzsichtigkeit: Weit entfernte Gegenstände werden nur unscharf gesehen
  • Weitsichtigkeit (inkl. Altersweitsichtigkeit): Nahe Gegenstände werden unscharf gesehen

Eine weitere Fehlsichtigkeit ist der sog. Graue Star, der im hohen Alter oft eintritt (auch Katarakt genannt). Die Augenlinse wird trübe, so dass sich die Lichtstrahlen in ihr streuen, d.h. in alle möglichen Richtungen zeigen und ein scharfer Bildpunkt auf der Netzhaut nicht mehr möglich ist.

Im fortgeschrittenen Stadium sieht der betroffene Mensch nur noch hell oder dunkel, aber keine scharfen Bilder mehr. Heutzutage kann die trübe Linse durch ein künstliches Linsenimplantat ersetzt werden.

Aufgabensammlung

  • Scharfe Sicht (0144)

    3 Teilaufgaben mit Lösungen (pdf/Video): Brennweiten berechnen für Fern- und für Nahsicht
    Unscharfe Sicht unter Wasser

Lernziele

  • Du kennst die wichtigsten Teile des Auges und ihre Funktion.
  • Du weisst, wie das Auge die Helligkeit einstellt und wie die Grösse der Pupille verändert werden kann.
  • Du kannst in eigenen Worten und mit Hilfe der Linsengleichung erklären, warum das Auge eine elastische Linse haben muss.
  • Du kannst ausserdem erklären, wie das Auge die Brennweite seiner Linse einstellen kann, d.h. was der Ziliarmuskel tut und was die Zonulafasern mit der Linse machen.

Weitere Links

Das menschliche Auge – Aufbau und Funktion einzelner Teile (LEIFIphysik)

Autor dieses Artikels:

David John Brunner

Lehrer für Physik und Mathematik | Mehr erfahren

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