Inhalt
Das Wichtigste in Kürze
Drei mögliche Kombinationen zweier unterschiedlicher Geraden:
-
- Die beiden Geraden schneiden sich in einem gemeinsamen Schnittpunkt \(P\). Die beiden Geraden liegen in einer gemeinsamen Ebene, die durch die beiden Richtungsvektoren der Geraden \(\vec{a_1}\) und \(\vec{a_2}\) aufgespannt wird (links).
- Es kann sein, dass die beiden Geraden sich nie schneiden, da sie parallel zueinander sind. In diesem Fall sind die beiden Richtungsvektoren der Geraden kollinear. Die Geraden haben den Abstand \(d\) (Mitte).
- Im allgemeinsten aller Fälle sind die beiden Geraden windschief, denn sie sind nicht parallel und verlaufen auch nicht in der gleichen Ebene, d.h. sie haben keinen Schnittpunkt. Die Geraden ”kreuzen” sich im (kleinsten) Abstand \(d\) (rechts).
Vorgehen zur Bestimmung des Schnittpunkts zweier Geraden:
- Die beiden Geradengleichungen \(g_1\) und \(g_2\) gleichsetzen
- Zwei Gleichungen aus dem Gleichungssystem wählen und lösen (\(\lambda_1\) und \(\lambda_2\) bestimmen)
- Überprüfen, ob die dritte Gleichung erfüllt ist (gefundene Werte für \(\lambda_1\) und \(\lambda_2\) einsetzen)
- Falls ja: Schnittpunkt \(P\) mit einer der beiden Geradengleichungen bestimmen (gefundenen Wert für \(\lambda_1\) bzw. \(\lambda_2\) einsetzen)
- Falls nein: Die Geraden sind windschief und haben gar keinen Schnittpunkt
Die beiden Kriterien, die sicherstellen, dass es einen gemeinsamen Schnittpunkt von zwei Geraden \(g_1\) und \(g_2\) gibt, sind
- Die beiden Richtungsvektoren \(\vec{a_1}\) und \(\vec{a_2}\) dürfen nicht kollinear sein
- Die drei Vektoren \(\vec{a_1}\), \(\vec{a_2}\) und \(\overrightarrow{A_1 A_2}\) müssen komplanar sein
\[ \vec{a_1} \times \vec{a_2} \;\; \neq \;\; \vec{0} \]
\[ \Big[ \; \vec{a_1} \; \vec{a_1} \; \overrightarrow{A_1 A_2} \; \Big] \;\; = \;\; 0 \]
Zwischenwinkel \(\varphi\) zwischen zwei sich schneidenden Geraden mit Richtungsvektoren \(\vec{a_1}\) und \(\vec{a_2}\):
\[ \vec{a_1} \cdot \vec{a_2} = |\vec{a_1}| \cdot |\vec{a_2}| \cdot \cos(\varphi) \]
\[ \rightarrow \quad \varphi = \arccos\Big(\frac{\vec{a_1} \cdot \vec{a_2}}{|\vec{a_1}| \cdot |\vec{a_2}|} \Big) \]
\[ \big| \vec{a_1} \times \vec{a_2} \big| = |\vec{a_1}| \cdot |\vec{a_2}| \cdot \sin(\varphi) \]
\[ \rightarrow \quad \varphi = \arcsin\Big(\frac{\big| \vec{a_1} \times \vec{a_2} \big|}{|\vec{a_1}| \cdot |\vec{a_2}|} \Big) \]
Der Abstand zwischen zwei Geraden \(g_1\) und \(g_2\;\)
\[ g_1 \colon \quad \overrightarrow{OP_1} = \overrightarrow{OA_1} + \lambda \cdot \vec{a_1} \]
\[ g_2 \colon \quad \overrightarrow{OP_2} = \overrightarrow{OA_2} + \lambda \cdot \vec{a_2} \]
lässt sich als Abstand zwischen einem Punkt und einer Geraden berechnen:
\[ d = \frac{\Big |\vec{a_1} \times \overrightarrow{A_1 A_2} \Big|}{\big|\vec{a_1}\big|} = \frac{\Big |\vec{a_2} \times \overrightarrow{A_1 A_2} \Big|}{\big|\vec{a_2}\big|} \]
Der Verbindungsvektor zwischen den beiden Geraden wird als Differenz der Ortsvektoren berechnet:
\[ \overrightarrow{A_1 A_2} = \overrightarrow{O A_2} – \overrightarrow{O A_1} \]
Der Abstand \(d\) zwischen zwei windschiefen Geraden berechnet sich mit dem Spatprodukt der beiden Richtungsvektoren der Geraden \(\vec{a_1}\) und \(\vec{a_1}\) und dem Verbindungsvektor zwischen \(A_1\) und \(A_2\):
\[ d = \frac{\Big| \; \big[ \vec{a_1} \;\; \vec{a_2} \;\; \overrightarrow{A_1 A_2} \big] \; \Big|}{\Big| \; \vec{a_1} \times \vec{a_2} \; \Big|} \]
Der Verbindungsvektor zwischen den beiden Punkten \(A_1\) und \(A_2\) auf den Geraden wird wieder als Differenz der Ortsvektoren berechnet:
\[ \overrightarrow{A_1 A_2} = \overrightarrow{O A_2} – \overrightarrow{O A_1} \]
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Zwei Geraden \(g_1\) und \(g_2\) im Raum können in unterschiedlicher Weise zueinander stehen. Die folgende Abbildung zeigt die drei möglichen Fälle:
Drei mögliche Kombinationen zweier unterschiedlicher Geraden:
- Die beiden Geraden schneiden sich in einem gemeinsamen Schnittpunkt \(P\). Die beiden Geraden liegen in einer gemeinsamen Ebene, die durch die beiden Richtungsvektoren der Geraden \(\vec{a_1}\) und \(\vec{a_2}\) aufgespannt wird (links).
- Es kann sein, dass die beiden Geraden sich nie schneiden, da sie parallel zueinander sind. In diesem Fall sind die beiden Richtungsvektoren der Geraden kollinear. Die Geraden haben den Abstand \(d\) (Mitte).
- Im allgemeinsten aller Fälle sind die beiden Geraden windschief, denn sie sind nicht parallel und verlaufen auch nicht in der gleichen Ebene, d.h. sie haben keinen Schnittpunkt. Die Geraden ”kreuzen” sich im (kleinsten) Abstand \(d\) (rechts).
Zwei sich kreuzende Geraden
Die Geraden haben ihre Geradengleichung. Der gemeinsame Schnittpunkt \(P\) hat die Koordinaten \((P_x,P_y,P_z)\), die sowohl durch die Gleichung der Geraden \(g_1\), wie auch durch die Gleichung von \(g_2\) beschrieben wird. Wir können deshalb beide Geradengleichungen nehmen und verlangen, dass sie gleich sind:
\[ g_1: \overrightarrow{O A_1} + \lambda_1 \cdot \vec{a_1} \]
\[ g_2: \overrightarrow{O A_2} + \lambda_2 \cdot \vec{a_2} \]
\[ \overrightarrow{O A_1} + \lambda_1 \cdot \vec{a_1} = \begin{pmatrix} P_x \\ P_y \\ P_z \end{pmatrix} = \overrightarrow{O A_2} + \lambda_2 \cdot \vec{a_2} \]
Wir subtrahieren die linke Seite von der Gleichung und erhalten:
\[ \overrightarrow{O A_2} – \overrightarrow{O A_1} + \lambda_2 \cdot \vec{a_2} – \lambda_1 \cdot \vec{a_1} \;\; = \;\; \vec{0} \]
Für die Differenz der beiden Ortsvektoren zu den Punkten \(A_1\) und \(A_2\) können wir auch schreiben:
\[ \overrightarrow{A_1 A_2} \;\; = \;\; \overrightarrow{O A_2} – \overrightarrow{O A_1} \]
Die Gleichung vereinfacht sich zu einer Vektorgleichung, die eigentlich einem Gleichungssystem von drei Gleichungen entspricht:
\[ \overrightarrow{A_1 A_2} + \lambda_2 \cdot \vec{a_2} – \lambda_1 \cdot \vec{a_1} \;\; = \;\; \vec{0} \]
\[ \begin{cases} \begin{array}{cc} (A_1 A_2)_x + \lambda_2 \cdot a_{2,x} – \lambda_1 \cdot a_{1,x} \;\; = \;\; 0 \\ (A_1 A_2)_y + \lambda_2 \cdot a_{2,y} – \lambda_1 \cdot a_{1,y} \;\; = \;\; 0 \\ (A_1 A_2)_z + \lambda_2 \cdot a_{2,z} – \lambda_1 \cdot a_{1,z} \;\; = \;\; 0 \end{array} \end{cases} \]
In diesem Gleichungssystem haben wir zwei Unbekannte: \(\lambda_1\) und \(\lambda_2\). Da wir aber eine Gleichung mehr haben als Unbekannte, gilt dieses Gleichungssystem als überbestimmt, d.h. wir können eine Lösung haben oder nicht. Um die Lösung zu finden, nehmen wir zwei Gleichungen unserer Wahl und bestimmen die beiden Unbekannten. Dann überprüfen wir, ob unsere Lösung für
\(\lambda_1\) und \(\lambda_2\) auch die dritte Gleichung erfüllen, denn in einem Gleichungssystem müssen alle Gleichungen gleichzeitig erfüllt sein. Ist das der Fall, haben wir die Lösung und damit auch den Schnittpunkt \(P\) gefunden. Gibt es aber einen Widerspruch, so sind die Geraden gar nicht in der gleichen Ebene, sondern sie sind windschief.
Vorgehen zur Bestimmung des Schnittpunkts zweier Geraden:
- Die beiden Geradengleichungen \(g_1\) und \(g_2\) gleichsetzen
- Zwei Gleichungen aus dem Gleichungssystem wählen und lösen (\(\lambda_1\) und \(\lambda_2\) bestimmen)
- Überprüfen, ob die dritte Gleichung erfüllt ist (gefundene Werte für \(\lambda_1\) und \(\lambda_2\) einsetzen)
- Falls ja: Schnittpunkt \(P\) mit einer der beiden Geradengleichungen bestimmen (gefundenen Wert für \(\lambda_1\) bzw. \(\lambda_2\) einsetzen)
- Falls nein: Die Geraden sind windschief und haben gar keinen Schnittpunkt
Beachte, dass die beiden Richtungsvektoren \(\vec{a_1}\) und \(\vec{a_2}\) der Geraden nur dann einen Schnittpunkt haben, wenn sie nicht kollinear sind. Das mathematische Kriterium dafür ist das verschwindende Vektorprodukt, denn wenn das Vektorprodukt der beiden verschwinden sollte, spannen sie kein Parallelogramm auf und somit sind sie parallel oder genau gegenläufig.
Nun könnte es sein, dass die beiden Geraden nicht parallel sind, sich trotzdem aber nicht schneiden, weil sie windschief sind. Mathematisch gesprochen heisst das, dass die Vektoren \(\vec{a_1}\), \(\vec{a_2}\) und der Verbindungsvektor \(\overrightarrow{A_1 A_2}\) in einer Ebene sein müssen, damit sich die Geraden schneiden. Windschiefe Geraden liegen in zwei unterschiedlichen Ebenen, so dass der Verbindungsvektor \(\overrightarrow{A_1 A_2}\) nicht zusammen mit \(\vec{a_1}\), \(\vec{a_2}\) in einer Ebene liegt.
Um mathematisch zu analysieren, ob die drei Vektoren in der gleichen Ebene, d.h. komplanar sind, nehmen wir das Spatprodukt, denn komplanare Vektoren haben ein verschwindendes Spatprodukt.
Die beiden Kriterien, die sicherstellen, dass es einen gemeinsamen Schnittpunkt von zwei Geraden \(g_1\) und \(g_2\) gibt, sind
- Die beiden Richtungsvektoren \(\vec{a_1}\) und \(\vec{a_2}\) dürfen nicht kollinear sein
- Die drei Vektoren \(\vec{a_1}\), \(\vec{a_2}\) und \(\overrightarrow{A_1 A_2}\) müssen komplanar sein
\[ \vec{a_1} \times \vec{a_2} \;\; \neq \;\; \vec{0} \]
\[ \Big[ \; \vec{a_1} \; \vec{a_1} \; \overrightarrow{A_1 A_2} \; \Big] \;\; = \;\; 0 \]
Beispiel
Finde den gemeinsamen Schnittpunkt der beiden Geraden \(g_1\) und \(g_2\):
\[ g_1: \begin{pmatrix} x \\ y \\ z \end{pmatrix} \; = \; \begin{pmatrix} 0 \\ 1 \\ 0 \end{pmatrix} + \lambda_1 \cdot \begin{pmatrix} 3 \\ 2 \\ 5 \end{pmatrix} \]
\[ g_2: \begin{pmatrix} x \\ y \\ z \end{pmatrix} \; = \; \begin{pmatrix} 9 \\ 7 \\ 15 \end{pmatrix} + \lambda_2 \cdot \begin{pmatrix} -3 \\ 0 \\ 2 \end{pmatrix} \]
Wir können mit unserem Wissen aus der Vektorgeometrie schon sehr einfach den Zwischenwinkel \(\varphi\) berechnen, unter welchem sich die beiden Geraden schneiden. Wir haben ja die beiden Richtungen der Geraden \(\vec{a_1}\) und \(\vec{a_2}\). Vektoren dürfen beliebig verschoben werden, ihre Richtung behalten sie bei, d.h. wir können die beiden in den Schnittpunkt schieben:
Den Zwischenwinkel erhalten wir mit dem Skalarprodukt, oder – wenn du es lieber magst – mit Vektorprodukt:
Zwischenwinkel \(\varphi\) zwischen zwei sich schneidenden Geraden mit Richtungsvektoren \(\vec{a_1}\) und \(\vec{a_2}\):
\[ \vec{a_1} \cdot \vec{a_2} = |\vec{a_1}| \cdot |\vec{a_2}| \cdot \cos(\varphi) \]
\[ \rightarrow \quad \varphi = \arccos\Big(\frac{\vec{a_1} \cdot \vec{a_2}}{|\vec{a_1}| \cdot |\vec{a_2}|} \Big) \]
\[ \big| \vec{a_1} \times \vec{a_2} \big| = |\vec{a_1}| \cdot |\vec{a_2}| \cdot \sin(\varphi) \]
\[ \rightarrow \quad \varphi = \arcsin\Big(\frac{\big| \vec{a_1} \times \vec{a_2} \big|}{|\vec{a_1}| \cdot |\vec{a_2}|} \Big) \]
Beispiel
Im vorigen Beispiel haben wir den Schnittpunkt bestimmt. Unter welchem Winkel schneiden sich die beiden Geraden?
Abstand zwischen zwei parallelen Geraden
Wenn wir zwei parallele Geraden haben, dann haben wir zwei Gleichungen mit den zwei Richtungsvektoren \(\vec{a_1}\) und \(\vec{a_2}\). Diese beiden Richtungsvektoren sind kollinear, was zur Folge hat, dass die beiden Geraden parallel sind. Aus den Geradengleichungen haben wir auch die beiden Punkte \(A_1\) und \(A_2\), die bekannterweise auf den jeweiligen Geraden sitzen. Wir können den Abstand der beiden Geraden wieder so berechnen, dass wir den Abstand des Punkts \(A_2\) zur Geraden \(g_1\) oder den Abstand zwischen \(A_1\) und \(g_2\) berechnen.
Der Abstand zwischen zwei Geraden \(g_1\) und \(g_2\;\)
\[ g_1 \colon \quad \overrightarrow{OP_1} = \overrightarrow{OA_1} + \lambda \cdot \vec{a_1} \]
\[ g_2 \colon \quad \overrightarrow{OP_2} = \overrightarrow{OA_2} + \lambda \cdot \vec{a_2} \]
lässt sich als Abstand zwischen einem Punkt und einer Geraden berechnen:
\[ d = \frac{\Big |\vec{a_1} \times \overrightarrow{A_1 A_2} \Big|}{\big|\vec{a_1}\big|} = \frac{\Big |\vec{a_2} \times \overrightarrow{A_1 A_2} \Big|}{\big|\vec{a_2}\big|} \]
Der Verbindungsvektor zwischen den beiden Geraden wird als Differenz der Ortsvektoren berechnet:
\[ \overrightarrow{A_1 A_2} = \overrightarrow{O A_2} – \overrightarrow{O A_1} \]
Abstand zwischen zwei windschiefen Geraden
Zwei nicht parallele Geraden können sich schneiden, wenn sie in einer gemeinsamen Ebene verlaufen. Sind sie nicht in einer gemeinsamen Ebene und auch nicht parallel, dann verlaufen sie an einander vorbei wie zwei Flugzeuge, die in unterschiedlichen Richtungen und auf unterschiedlicher Höhe fliegen. Zwei solche Geraden heissen windschief. Wir werden auf die Herleitung der Berechnungsformel verzichten.
Der Abstand \(d\) zwischen zwei windschiefen Geraden berechnet sich mit dem Spatprodukt der beiden Richtungsvektoren der Geraden \(\vec{a_1}\) und \(\vec{a_1}\) und dem Verbindungsvektor zwischen \(A_1\) und \(A_2\):
\[ d = \frac{\Big| \; \big[ \vec{a_1} \;\; \vec{a_2} \;\; \overrightarrow{A_1 A_2} \big] \; \Big|}{\Big| \; \vec{a_1} \times \vec{a_2} \; \Big|} \]
Der Verbindungsvektor zwischen den beiden Punkten \(A_1\) und \(A_2\) auf den Geraden wird wieder als Differenz der Ortsvektoren berechnet:
\[ \overrightarrow{A_1 A_2} = \overrightarrow{O A_2} – \overrightarrow{O A_1} \]
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